Hope, Daniel / Wolfgang Knauer

Wann darf ich klatschen?

Ein Wegweiser für Konzertgänger

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Rowohlt, Reinbek 2009
erschienen in: das Orchester 12/2009 , Seite 63

Warum spielen Orchestermusiker meistens im Frack? Wieso werden die Instrumente zu Beginn eines Konzerts gestimmt und warum ausgerechnet nach dem Oboen-Ton? Und wann darf man nun eigentlich klatschen? Diese und andere Fragen beantwortet der britisch-südafrikanische Violinist Daniel Hope in seinem neuen Buch, das vor allem Klassik-Einsteigern die Scheu vor dem Konzertbesuch nehmen soll. Denn, wie Hope zu Beginn feststellt: „Wenn es nicht gelingt, das Publikum von morgen zu finden, wird der Konzertbetrieb, wie wir ihn kennen, wohl tatsächlich bald aussterben.“
Eine Schreckensvision für Daniel Hope, der nichts so sehr liebt wie Konzerte: „Wenigstens ein einziges Mal muss man es miterlebt haben. Muss dabei gewesen sein, wenn durch Instrumente aus Holz und Metall und aus Zeichen und Strichen auf Notenpapier urplötzlich Klänge hervorbrechen wie in einer Explosion. Das ist wie Magie, als seien Zauberkräfte am Werk.“ Am Beispiel eines befreundeten Ehepaars, das große Vorbehalte gegen einen Konzertbesuch hatte („zwei Stunden ruhig sitzen und zuhören, wie sich oben auf der Bühne hundert Mann in Pinguin-Anzügen an einer endlosen Symphonie abarbeiten?“), zeigt der Künstler, wie sich Neulinge im Konzertsaal zurechtfinden können. Moritz und Lena lassen sich auf das Experiment ein – und sind am Ende so beeindruckt, dass sie sich ein Abonnement besorgen wollen.
Dieser Konzertbesuch dient Daniel Hope als Rahmen für eine Führung durch die Welt der Klassik. In einem „Schnellkurs in Musikgeschichte“ beleuchtet er die Epochen bis hin zur zeitgenössischen Musik, er sinniert über Kartenpreise und die besten Plätze im Saal, er lässt das Orchester aufmarschieren und erklärt die Tätigkeit des Dirigenten und er wartet mit zahlreichen Anekdoten und Berichten von kleinen und großen Pannen auf, bis hin zum Missgeschick des südamerikanischen Dirigenten José Serebrier, der so stürmisch auf die Bühne rannte, dass er sich den Taktstock durch die Hand stieß. So ist das Buch eine höchst amüsante Lektüre, die viele Fragen rund um den Konzertbetrieb aufgreift.
So auch jene nach dem richtigen Zeitpunkt für Applaus – eine Frage, die Hope von einem jungen Mann gestellt wurde. Dieser hatte im Konzert an der falschen Stelle geklatscht und war mit wütendem Zischen bestraft worden: „Was er denn verbrochen habe, fragte er mich. Er habe doch nur spontan und aus ehrlichem Herzen seine Bewunderung für die herrliche Musik und das wunderbare Spiel des Orchesters zeigen wollen.“ Hope berichtet, woher die Beifallregeln kommen, und er ermutigt ungeübte Applaudierer: „Beifall soll belohnen, und wenn man überzeugt ist, dass eine Leistung ungewöhnlich gut war, dann soll man ruhig klatschen – selbst auf die Gefahr hin, dass sich niemand anschließt.“ Eine allgemeingültige Antwort auf die Frage kann Daniel Hope freilich nicht geben: „Ausschlaggebend sollte immer das eigene Empfinden sein, wann Beifall wirklich angemessen ist und so aufgenommen wird, wie er gemeint ist.“
Irene Binal