Glass, Philip / Ney Rosauro / Emmanuel Séjourné / Darius Milhaud
Virtuos Mallets
Pars pro Toto manchmal steht der Teil für das Ganze, in diesem Fall der Schlägel für das Instrument: Unter Mallets verstehen die Schlagzeuger im engeren Sinn ihre oft mit bunten Garnen umwickelten Werkzeuge unterschiedlichster Härte, in der Erweiterung der Bedeutung sind mit Mallets aber auch die Stabspiele wie Vibrafon, Marimba oder Xylofon selbst gemeint. Virtuose Musik für diese Instrumentengruppe präsentiert die neue CD des Marimba- und Vibrafonspielers Roland Härdtner, die 2010 im Eigenlabel erschien.
Roland Härdtner, Solopauker der Badischen Philharmonie Pforzheim, hat seit 1994 auf elf CDs hauptsächlich Kompositionen diverser Musikstile von Weltmusik, Pop und Jazz, aber auch Werke aus Barock und Klassik für seine Instrumente eingerichtet; auf seiner zwölften CD erklingen nun neben zwei Bearbeitungen von Philip Glass auch drei originale Klassiker des Malletrepertoires. Härdtner beschränkt sich dabei bewusst auf populäre Kompositionen für einen breiteren Publikumsgeschmack, mit denen er zeigen will, wie schön, emotional berührend und facettenreich auch die zeitgenössische Musik klingen kann.
Für den Hörer bedeutet dies, dass er viel von der tonal perlenden Virtuosität des Marimbas zu hören bekommt, aber auch dessen sanft rollende Tremoli und lebendige Melodien, die im Spiel der vier Schlägel eng mit ihren rhythmisch-harmonischen Begleitungen verzahnt sind. In der Bearbeitung des ersten Violinkonzerts von Philip Glass gelingt es sehr überzeugend, diese spezielle harmonisch und melodisch angereicherte Variante der Minimal Music auf die Stabspiele zu übertragen. Die schwebenden Melodien des langsamen Satzes übernimmt das Vibrafon, die treibenden Skalen und Dreiklangbrechungen des dritten Satz sind dem Marimbafon zugeordnet. Das Concerto für Marimba und Streichorchester des u.a. auch in Deutschland ausgebildeten brasilianischen Schlagzeuger-Komponisten Ney Rosauro ist in der Zunft wohlbekannt. Regelmäßig erklingt es bei Schlagzeugabschlussprüfungen an Musikhochschulen, bei den Studierenden ist es wegen seines musikalischen Reichtums ein Renner. Nur konsequent also, auch dieses Werk einmal einer hoffentlich größeren Öffentlichkeit zu präsentieren! Ähnlich publikumswirksam ist das Concerto pour Marimba, Vibrafone et Orchestre von Darius Milhaud, das den bunten Reigen der Stabspielkompositionen beschließt. Mit seinen drei charaktervollen Sätzen aufgeregt, langsam und lebendig ist es ein Plädoyer für eine Musik, die sich damit begnügt, nichts als Musik zu sein: wunderschöne und vielfältige Klänge für den Augenblick alles andere als seicht.
In der Welt der Mallets hat sich technisch und künstlerisch viel getan und es ist erfreulich zu hören, wie auf der vorliegenden CD vom Solisten und der begleitenden Württembergischen Philharmonie unter Leitung verschiedener Dirigenten mit großer Zuverlässigkeit musiziert wird. Für die Freunde des etwas anderen Klangs, aber auch für Intendanten und Generalmusikdirektoren auf der Suche nach ungewöhnlichen Instrumentalkonzerten ist die CD nur zu empfehlen!
Stephan Froleyks


