Virtuos Italian Clarinet
Works by Girolamo Salieri
Der 1979 geborene Italiener Giuseppe Porgo ist die eigentliche Entdeckung der beiden Neuerscheinungen mit solistischen Klarinettenwerken aus der Zeit der Klassik bzw. des frühen Virtuosentums in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Steht Porgo auf der Hoffmeister-CD noch in der zweiten Reihe hinter Dieter Klöcker, einem seiner verschiedenen Lehrer, tritt er mit seiner ersten eigenen CD mit Werken von Girolamo Salieri und Gioacchino Rossini vollends ins Rampenlicht. Nach der Orchestereinleitung zum ersten Variationenwerk, dem Adagio, tema con variazioni über ein Thema von Rossini trumpft er mit einer virtuosen Kadenz auf, die sogleich die technischen und tonlichen Qualitäten Porgos offenlegt. Bis in die Spitzentöne (c””) klingt sein Ton substanzvoll. Mit Leichtigkeit meistert er anschließend die hochvirtuosen Variationen, ohne dabei die musikalische Gestaltung aus dem Blick zu verlieren.
Das musikalische Feuerwerk setzt sich in weiteren Variationenwerken über Themen aus Bellinis I Capuleti e i Montecchi und Giovanni Pacinis I crociati a Tolemaide sowie über ein eigenes Thema fort Kompositionen, bei denen man kaum über den Komponisten nachdenkt, sind sie doch alle nach dem gleichen Strickmuster gebaut. Überraschendes ist nicht zu vermelden. So ist es auch nicht verwunderlich, dass über den Komponisten Girolamo Salieri nicht viel bekannt ist. Wir kennen sein Geburtsdatum, 1794, wissen, dass sein Vater ein Bruder des berühmten Antonio Salieri war und dass er als Klarinettist am Theater in Triest tätig war und dort auch an der Musikschule unterrichtet hat. Für seine eigenen Konzerte mag er die Variationenwerke komponiert haben, die Giuseppe Porgo hier erstmals auf CD eingespielt hat. Wann Salieri gestorben ist, ist nicht bekannt.
Quasi als Zugabe zu Salieri gibt es auf dieser Debut-CD noch Rossinis musikalisch und dynamisch ausgefeilt musiziertes Bravourstück Introduzione tema e variazioni zu hören. Hier begleitet das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim unter Sebastian Tewinkel ebenso elegant und engagiert wie bei den Stücken von Salieri.
Dass Giuseppe Porgo dem CD-Klarinettenkatalog mit den Opernvariationen Salieris einige Raritäten hinzugefügt und nicht mit allzu bekannten Konzerten seine CD-Laufbahn begonnen hat, ist äußerst anerkennenswert und scheint auf den Einfluss Dieter Klöckers zurückzugehen, der mit ihm ebenfalls Unbekanntes, nämlich zwei konzertante Sinfonien in Es-Dur für zwei Klarinetten und Orchester von Franz Anton Hoffmeister (1754-1812) in exzellentem Zusammenspiel aufgenommen hat. Die Nr. 2 ist dabei eine Ersteinspielung, während er die Sinfonia concertante Nr. 1 bereits früher mit seinem jahrelangen, kürzlich verstorbenen Kollegen Waldemar Wandel eingespielt hat. Neben diesen beiden Konzerten hat sich Dieter Klöcker noch einmal mit dem bedeutenden Solokonzert Hoffmeisters auseinander gesetzt, das er bereits 1972 mit dem Concerto Amsterdam aufgenommen hatte. Er hat jetzt die verschiedenen Abschriften verglichen und legt nun eine so genannte (terminologisch allerdings fragwürdige) gereinigte Fassung vor.
Diese gibt dem Werk gegenüber der Ersteinspielung einen etwas virtuoseren Anstrich. Die klare Melodielinie der älteren Version wird häufiger ausgeziert und im Schlusssatz werden alle kadenzierenden Abschlüsse zu Auszierungen genutzt. Klöcker bläst mit gewohnt kultiviertem Ton, nimmt die Tempi etwas forscher, musiziert aber nicht ganz so detailfreudig wie in der Aufnahme von 1972. Johannes Moesus ist mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester ein aufmerksamer Partner und mitgestaltender Dirigent, allerdings könnten die hohen Streicher etwas mehr klangliche Wärme entfalten.
Heribert Haase