Gola, Zdenek

Violintechnik

Heft 1/2

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Prag 2013
erschienen in: das Orchester 01/2014 , Seite 73

Die verallgemeinernde Bezeichnung „Violintechnik“ dieser bei Bärenreiter in Prag erschienenen Hefte wurde in der Begleitinformation durch „Grifftechniken für Geiger“ ergänzt. So wird deutlich, dass es sich um Übungen für die linke Hand handelt. Sie dienen der Festigung der Intonation und der Gleichmäßigkeit der Klangproduktion bei einstimmigen und Doppelgriff-Tonfolgen sowohl innerhalb der Lagen als auch mit Lagenwechseln.
Zdenek Gola, geboren 1929, ist im tschechisch-slowakischen und im skandinavischen Raum kein Unbekannter. Er lehrte bis 1966 am Konservatorium für Musik im tschechischen Ostrava, emigrierte dann als Konzertmeister, Solist und Pädagoge nach Schweden und kehrte 1989 als Professor an die Universität von Ostrava zurück.
Hinsichtlich der Anforderungen gilt für diese Übungen der hohe Qualitätsmaßstab des osteuropäischen Violinspiels. Sie sehen zu Anfang einfach aus und sind es auch, lassen aber jede Unvollkommenheit sofort hörbar und für den Spieler spürbar werden. Sie lassen sich nicht mit anderem Studienmaterial vergleichen, auch nicht mit Ševcík, der mit unendlichen Wiederholungen die Konzentrationsfähigkeit überforderte.
Das tut Gola nicht. Im Gegenteil, seine täglichen Übungen sind Aufmerksamkeitsübungen. Wer sich einmal dafür entscheidet, braucht und sollte kein anderes Übungsmaterial für die linke Hand verwenden. Der Bogen ist immer dabei, aber nur für die Kontrolle des Aufsetzens und Aufhebens der Finger, „wobei sich die Klangfarbe, nicht aber die Dynamik ändern darf“. Auf Geschwindigkeit kommt es zunächst nicht an, „es ist von einem langsamen Tempo auszugehen, die Wahl schnellerer Tempi setzt eine perfekte Intonation voraus“. Und: „Es empfiehlt sich, die Übungen aus dem Gedächtnis zu spielen, damit man sich vollends auf die technische Durchführung und die Lockerung der Muskeln konzentrieren kann.“
Die knappen Anweisungen wirken oft wie Binsenweisheiten, sind es aber nicht. Wie alle gute Pädagogik bringen sie das Wesentliche auf den Punkt und gehen schrittweise vom Einfachen zum Komplizierten. Gola unterscheidet zwei Bewegungsfunktionen der linken Hand, die zunächst einzeln geübt und dann miteinander verbunden werden: horizontale (z.B. Saitenwechsel innerhalb einer Lage) und vertikale (z.B. Lagenwechsel). Das Ziel der „maximalen taktilen Sicherheit“ erfordert Lockerung der Muskulatur – das geht von der seitlichen Armbewegung beim Saitenwechsel (die Finger sollen „das Gefühl bekommen, dass sie immer an derselben Stelle auf das Griffbrett aufsetzen“) bis zu der Empfehlung, bei Dezimen den ersten Finger am „linken Rand“ der Fingerspitze aufzusetzen und bei Ermüdungserscheinungen der Fingermuskulatur und der Handfläche das Üben sofort zu beenden, um „langfristige, wenn nicht dauerhafte Schäden“ zu vermeiden.
Das übersichtlich gegliederte, dreisprachig kommentierte Übungsmaterial ist nicht teuer und kann, wenn man es über einen langen Zeitraum anwendet, zu einer neuen Sicherheit und Leichtigkeit des professionellen Violinspiels führen.
Reinhard Seiffert