Dmitry Kabalevsky, Alexander Glazunov und Aram Khachaturian

Violinkonzerte

Philippe Quint (Violine), Bochumer Symphoniker, Ltg. Steven Sloane

Rubrik: CDs
Verlag/Label: AvantiClassic 5414706 1047-2
erschienen in: das Orchester 05/2017 , Seite 68

Der 1974 in St. Petersburg geborene Geiger Philippe Quint wurde in Moskau bei Andrei Korsakov und an der New Yorker Juilliard School bei Dorothy DeLay ausgebildet; in Meisterkursen vervollkommnete er sich bei Isaac Stern und Itzhak Perlman. Inzwischen US-Bürger, widmete er sich in CD-Produktionen zahlreichen amerikanischen Komponisten wie William Schuman, Leonard Bernstein, Ned Rorem oder John Corigliano. Als geigender Film­schauspieler trat er 2011 in dem Grubin-Film Downtown Express hervor.
In der vorliegenden, im Mai 2014 in Bochum aufgenommenen und 2016 erschienenen CD widmet sich Quint zwei in Moskau aus der Taufe gehobenen Violinkonzerten, denen man ungeachtet ihrer legendären Uraufführungsgeiger Leopold Auer bzw. David Oistrach im Konzertsaal eher selten begegnet – wohl zu Unrecht, wie diese CD beweist.
Alexander Glasunows 1904 komponiertes Violinkonzert in a-Moll op. 82 ist ähnlich wie das gleichzeitig entstandene Werk von Jean Sibelius auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen des Genres, das im späteren 19. Jahrhundert vor allem durch die Meisterwerke von Brahms, Tschaikowsky und Dvorák schwer zu überbietende Höhepunkte erlebt hatte. Die Tonalität erfährt in diesen ersten Jahren des 20. Jahrhunderts unerhörte Erweiterungen, die Form wird mehrdeutig – bei Glasunow beispielsweise Einschub eines Des-Dur-Andante in den Ablauf des Kopfsatzes –, und die geigerischen Anforderungen vor allem hinsichtlich Doppelgrifftechnik und Spiel in den höchsten Lagen des Instruments erreichen ebenfalls neue Dimensionen. Philippe Quint bewältigt alle diese Herausforderungen auf seiner Ru­by-Stradivari mit großer Souveränität. Ein vibratoreicher, voller Ton kennzeichnet sein Spiel ebenso wie eine makellose Intonation und eine klug disponierende Dynamik, die sich immer gegenüber dem groß besetzten Orchester zu behaupten weiß.
Ähnliches gilt auch für das stilistisch gänzlich anders geartete Konzert von Aram Chatschaturjan aus dem Jahr 1940, in dem zusätzlich zum armenisch-georgisch inspirierten Melos die rhythmische Komponente eine herausragende Rolle spielt. Auch in den scharf akzentuierten motorischen Passagen der Ecksätze verliert Quint niemals die Balance zwischen präziser Artikulation und geigerischem Wohlklang.
Quint wird von den im Streicher- wie im Bläserapparat hervorragend disponierten Bochumer Symphonikern aufs Beste unterstützt. Steven Sloane am Pult sorgt nicht nur für Präzision, sondern schafft mit Umsicht und Temperament eine inspirierende orchestrale Atmosphäre. Dies zeigt sich bereits in der humorigen fünfminütigen Ouvertüre Colas Breugnon op. 24 von Dmitrij Kabalewski, mit der diese auch tontechnisch rundum überzeugende CD eröffnet.
Kleine Abstriche nur hinsichtlich des etwas lieblos erstellten Booklets, das nicht einmal Biografien der Protagonisten Quint und Sloane bietet.
Rainer Klaas

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