Hindemith, Paul
Violinkonzert/Symphonic Metamorphosis/Konzertmusik op. 50
Obwohl Christoph Eschenbach zu den Dirigenten gehört, die sich in den vergangenen Jahren sowohl auf dem Konzertpodium als auch auf der Opernbühne verstärkt mit Paul Hindemith auseinandergesetzt haben, hat er sich bislang mit Aufnahmen von Werken Hindemiths zurückgehalten. Nach einer CD-Produktion der erst 2004 wiederentdeckten und uraufgeführten Klaviermusik mit Orchester op. 29 liegt jetzt seine zweite Einspielung vor. Alle drei Werke auf dieser CD sind bekannte Klassiker des Komponisten. Die 1943 entstandene Symphonic Metamorphosis on Themes by Carl Maria von Weber ist das meistgespielte Werk Hindemiths überhaupt, und auch die Konzertmusik für Streichorchester und Blechbläser op. 50 (1930), ein Auftragswerk des Boston Symphony Orchestra zu seinem 50-jährigen Bestehen, erfreut sich schon lange großer Beliebtheit.
Für das Konzert für Violine und Orchester, das Hindemith im Sommer 1939 vollendete, hat sich in den vergangenen Jahren neben Frank Peter Zimmermann auch Midori in zahlreichen Konzerten eingesetzt. Nach Zimmermanns hochgelobter Einspielung mit dem hr-Sinfonieorchester unter Paavo Järvi stellt Midori hier gemeinsam mit Christoph Eschenbach und dem NDR Sinfonieorchester ebenfalls eine schlüssige Interpretation dieses virtuosen Werks vor. Midori und Eschenbach finden zusammen in ihrem Ansatz, den romantischen Anteil im Spektrum der Hindemithschen Gesten und Klangfarben in den Vordergrund zu rücken. Midoris stupende technische Sicherheit, ihr filigraner Ton und die breite Palette ihrer Ausdrucksmöglichkeiten tragen dazu bei, den positiven Höreindruck zu bestätigen. Flexibel und einfühlsam im musikalischen Dialog mit dem Soloinstrument präsentiert sich das NDR Sinfonieorchester.
Auch bei der Symphonic Metamorphosis betont Eschenbachs Interpretation das Romantische. Die Komposition basiert auf Themen von Carl Maria von Weber, die Hindemith, wie er selbst schrieb, leicht gefärbt und ein bisschen schärfer gemacht hat. Eschenbach wählt durchgehend flotte Tempi, die insbesondere den drei raschen Sätzen einen tänzerischen Elan verleihen. Allerdings gerät hier besonders auffällig im Scherzo, das als grandioses orchestrales Crescendo komponiert ist die Durchhörbarkeit von Hindemiths meisterhafter Instrumentationskunst bisweilen ins Hintertreffen.
Leicht und gewissermaßen mit schwingendem Schritt geht Eschenbach auch die Konzertmusik op. 50 an. In diesem Werk, für das Hindemith die klangliche Polarität der beiden Instrumentalgruppen als konstruktives kompositorisches Element wählte, hätte man sich eine schärfere Konturierung der musikalischen Thematik gewünscht: Manche brüske Geste, manche ironische Wendung wird hier vielleicht doch ein wenig zu weich, zu gefällig genommen.
Susanne Schaal-Gotthardt


