Schumann, Robert / Clara Schumann

Violinkonzert a-Moll nach dem Cellokonzert op. 129/Violinsonate Nr. 2 d-Moll / 3 Romanzen op. 22 für Violine & Klavier

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Onyx 4062
erschienen in: das Orchester 02/2011 , Seite 73

Während Entdeckungen verschollen geglaubter oder bislang nicht bekannter Werke auch bedeutender Komponisten zwar häufig eine entsprechende Resonanz in der Fachwelt finden, gelangen sie nur selten langfristig auf die Konzertprogramme oder ins Repertoire von Solisten, Orchestern oder Kammermusikvereinigungen. Eine Ausnahme stellt die von Robert Schumann stammende (respektive autorisierte) Violinfassung seines Cellokonzerts dar, die von dem Karlsruher Musikwissenschaftler Joachim Draheim im Nachlass des Geigers Joseph Joachim 1987 entdeckt und editiert wurde. Die Fassung für Violine war von Schumann so konzipiert, dass der Orchesterpart unverändert blieb, nur die Solostimme – zumeist durch Transponierungen oder geringfügige Veränderungen – den Möglichkeiten der Violine angepasst wurde. Inzwischen liegen einige Einspielungen vor wie die von Saschko Gawriloff, der das Werk 1987 in der Kölner Philharmonie uraufführte, sowie John Storgards und Gidon Kremer. Leider benutzt Kremer die verfälschende Instrumentation Schostakowitschs, die dieser dem Cellokonzert angedeihen lie߅
Das anhaltende Interesse an dem Werk unterstreichen auch zwei neue, fast zeitgleich entstandene Einspielungen, die zudem orchestral jeweils von der Deutschen Radio Philharmonie getragen werden. Einerseits präsentiert mit sehr schlankem Ton Lena Neudauer mit dem Dirigenten Pablo Gonzales bei Hänssler Classics (siehe das Orchester 12/10, S. 74) Sämtliche Werke für Violine und Orchester Schumanns: Hier stehen neben der Fantasie für Violine und Orchester, dem Violinkonzert und der Transkription des Cellokonzerts auch drei Ersteinspielungen nach vierhändigen Klavierstücken op. 85 auf dem Programm.
Ebenfalls mit der vorzüglichen Deutschen Radio Philharmonie, diesmal aber mit ihrem zur Zeit der Einspielung aktuellen Chefdirigenten Christoph Poppen, hat sich der Geiger Philippe Graffin des Werkes angenommen.
Er stellt durchaus überzeugend dem a-Moll-Konzert die Drei Romanzen für Violine und Klavier op. 22 von Clara Schumann sowie Schumanns zweite Violinsonate d-Moll op. 121 gegenüber. Griffins dunkel glühendes Geigenspiel, seine feinen farblichen Schattierungen, aber auch das Zusammenspiel mit Poppen und der gut vorbereiteten Radio Philharmonie prägen eine zwischen Leidenschaft und feinem Humor pendelnde Sicht auf das Konzert. Virtuoseneitelkeiten finden hier keinen Raum. Griffin ist ein der Tonsprache Schumanns eng verbundender Interpret, dessen spannungsgeladenes Spiel den Nuancen des Werks gerecht wird.
Auch im Zusammenspiel mit der sehr differenziert agierenden Pianistin Claire Désert findet er bei den Romanzen, vor allem aber der d-Moll-Sonate einen ebenso innigen wie markanten Zugang zur romantischen Klangwelt der Kompositionen. Gerade in der weiträumig konzipierten d-Moll-Sonate kann das Duo mit seinem vorantreibenden Impetus deutlich machen, dass auch die Musik des späten Schumann entsprechenden Furor vertragen kann. Eine höchst hörenswerte Aufnahme, die auch durch die Aufnahmetechnik mit warmem Klang und der entsprechenden räumlichen Abbildung unterstützt wird.
Walter Schneckenburger