Haydn, Joseph

Violin Concertos

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Berlin Classics 0300550BC
erschienen in: das Orchester 07-08/2014 , Seite 77

Er sei, so bekannte Joseph Haydn im Alter, auf keinem Instrument ein Hexenmeister gewesen, aber er habe die Kraft und Wirkung eines jeden Instruments gekannt. Umso erstaunlicher, dass das Instrumentalkonzert in Joseph Haydns Schaffen eine untergeordnete Rolle spielt. Von seinen elf Violinkonzerten gelten vier als authentisch, selten genug erklingen sie in Konzerten, und auch die Einspielungen auf CD – besonders auf Originalklanginstrumenten – sind nicht allzu zahlreich. Insofern ist die neue Aufnahme mit der Barockgeigerin Midori Seiler und Concerto Köln eine willkommene Bereicherung.
Stilistisch sind Haydns Violinkonzerte Werke des Übergangs. Man hört noch deutlich den barocken Gestus, aber eben auch die Empfindsamkeit der Frühklassik mit dem Blick in die „Zukunft der Hochklassik“. Dazu kommen Elemente der Serenaden-Tradition. Ein anmutiger Charme vermittelt sich etwa im Adagio-Mittelsatz des C-Dur-Konzerts; eine zarte, leise, weit gesponnene Melodie, über fein dahin getupften Streicher-Pizzicati, eine berührende Musik, voller Innigkeit.
Die Kopfsätze sprühen und sprudeln nur so vor musikantischer Lust. Hier wusste Haydn genau, was er seinem Solisten zumuten konnte. Sprünge, Läufe, Doppelgriffe dürfen kein Problem sein. Vermutlich schrieb Haydn seine Konzerte für den italienischen Geiger Luigi Tomasini, der wie er in Diensten des Fürsten Esterházy stand. Tomasini war Primgeiger in Haydns Orchester und auch bei Aufführungen seiner Streichquartette.
Midori Seiler geht die Konzerte mit einem sehr warmen, sehr balancierten Ton an, eine Balance, die sie fast immer auch in der Höhe wahrt. Jedes Detail, jedes Motiv ist genau gearbeitet und mit Bedacht und stilistischer Sensibilität ausgeführt. Nur manchmal scheint diese Akribie die Musizierfrische zu bremsen, ein wenig lauert immer die Gefahr, zu genau, zu brav zu sein. Der von Midori Seiler im Booklet mit soviel Bewunderung für Haydn beschriebene Witz des Komponisten blitzt ein wenig zu selten durch.
Concerto Köln wartet ebenfalls mit einem wunderbar warmen, ausgefeilten Ensembleklang auf. Die genaue Artikulation, die exzellente Abstimmung mit der Solistin zeigen einmal mehr die Klasse dieses Originalklang-Orchesters. Eine Rarität rundet diese CD ab: eine zauberhafte Romanze für Violine und Orchester von Haydns Londoner Impressario Johann Peter Salomon, der Geiger war, und der auch – eine Tugend, der sich heutige Manager kaum rühmen können – komponierte. Und zwar nicht schlecht.
Elisabeth Richter