Mozart, Wolfgang Amadeus
Violin Concertos 3 & 5 / Rondo & Adagio
Spätestens seit Susanna Yoko Henkel in diesem Jahr einen ECHO Klassik mit der Einspielung von Tschaikowskys Violinkonzert gewann, ist ihr der Durchbruch in die große Öffentlichkeit gelungen. Doch trotz ihrer Erfolge ist sie keine in allen Medien präsente Sol Gabetta, obwohl sie alle Voraussetzungen für eine Starkarriere besitzt. Ihr aber scheint es vor allem um Musik und nicht um die große Medienpräsenz zu gehen, wie das von ihr gegründete Kammermusikfestival in Zagreb zeigt.
Vor Jahren besprach ich ihre erste CD für das Orchester (10/2001, S. 86) mit Violinsolosonaten von Bach, Ysaye, Bartók und Yun. Damals überzeugte sie vor allem durch ihre überragende Technik. Jetzt hat sie eine CD mit dem G-Dur- und A-Dur-Violinkonzert von Mozart veröffentlicht, auf der sie als reife, tief auslotende und gestaltungssichere Musikerin zu hören ist. Sie hat sich die von Geigern ja allzu häufig und deshalb oft routiniert klingenden Werke grundlegend erarbeitet, hat sich mit Mozarts Persönlichkeit beschäftigt, sich mit der Aufführungspraxis auseinandergesetzt, hat das Litauische Kammerorchester so umbesetzt, dass es dem Klang der Mozart-Zeit entspricht, lässt beispielsweise ein Fagott in der Bassgruppe mitspielen und musiziert manche Passagen kammermusikalisch mit den 1. Pulten des Orchesters.
Die Geigerin, die das Orchester auch leitet, erzielt ein äußerst differenziertes, kammermusikalisches Klangbild. Besonders faszinierend gelingen ihr die langsamen Sätze, in denen sie die langen Töne vielfach abschattiert und ihnen so einen intensiven Ausdruck verleiht. Ihr Violinton ist von Klarheit und Leichtigkeit geprägt. Sie fängt das Überirdische, Engelartige von Mozarts Musik ein, aber genauso zeigt sie den Schmerz chromatischer Abdunklungen oder den Ernst von Seufzerfiguren. In den schnellen Sätzen betont sie das Rhythmische und die klare Artikulation der Motive. Der Tanzcharakter der beiden Rondofinalsätze des G- und A-Dur-Konzerts tritt so klar zu Tage. Doch sie zeigt Mozart auch als Dramatiker, dies vor allem am Anfang des A-Dur-Konzerts. Da ist im Orchesterritornell vibrierende Spannung zu hören. Im Allegro aperto spielt Susanna Yoko Henkel das Kopfthema in beeindruckender dramatischer Geste, die ihre Intensivierung im a-Moll-Ritornell des Mittelteils erfährt und die Abgründe von Mozarts Musik offenbart.
Die Kadenzen zu den Solokonzerten hat Susanna Yoko Henkel sehr stilsicher selbst komponiert. Ohne dass es vordergründig wirkt, zeigt sie hier ihre stupende Technik und gibt dem Hörer das Gefühl einer Improvisation. Der Geigerin ist mit dieser CD eine Einspielung von außerordentlicher Tiefe gelungen, die den Reichtum an Empfindungen, Gefühlen und Gedanken in Mozarts Musik in erstaunlicher Vielschichtigkeit zu Gehör bringt.
Franzpeter Messmer