Zwilich, Ellen Taaffe
Violin Concerto / Rituals
In Deutschland ist die amerikanische Komponistin Ellen Taaffe Zwilich, Jahrgang 1939, weitgehend unbekannt. Einige Geiger haben sich mit ihrem Violinkonzert allerdings auseinander gesetzt. Es lohnt sich. Die Komposition entstand 1998 ein Jahr später wurde die in Miami geborene Musikerin zur US-Komponistin des Jahres ernannt. Nicht zuletzt wegen dieses Konzerts, das völlig unangestrengt den inneren Dialog zwischen Solo und Orchester anpeilt. Das musikalische Zwiegespräch beinhaltet seelische, sinnliche und intellektuelle Ebenen. Ellen Taaffe Zwilich, selbst viele Jahre Geigerin in Stokowskis Orchester, kennt sich bestens aus in den technischen Möglichkeiten der Violine, die sie als farbige Lyrik abruft. Wenn nach der Uraufführung in New York geschrieben wurde, bei diesem Konzert handele es sich um eine Liebeserklärung an das Streichinstrument, so lässt sich dieser Eindruck nach Anhören der CD (mit der Geigerin Pamela Frank, die auch die damalige Uraufführung absolvierte) bestätigen.
Das Stück fließt in einem friedlichen, optimistischen Duktus dahin, schwere dramatische oder gar tragische Einbrüche werden vermieden. Die dunkle oder dämonische Seite der Violine wird ausgespart. Man hört gern zu, wird niemals verschreckt von brutalen Disharmonien oder von rhythmischer Atomisierung. Da komponierte eine Frau, die ihr Metier beherrscht.
Pamela Frank ist die ideale Interpretin, weil sie die Nuancierung ebenso ins Zentrum rückt wie die Grundauffassung lyrischer Botschaft. Begleitet wird die Solistin von Michael Stern und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken sicher, geschmackvoll, aufmerksam, ebenfalls lyrisch bestimmt.
Ganz anders klingen Zwilichs Rituals von 2003. Die Komponistin, die u.a. an der Juilliard School in New York (Hauptlehrer Elliott Carter) ausgebildet wurde, inzwischen selbst Professorin an der Florida State University, greift in diesen spektakulären Percussion-Stücken auf indianische Wurzeln, also auf heidnische und mythische Götterverehrung zurück. Zugleich dienen ihr folkloristische Vorgaben als Einstieg in fantasievolle Variationen die verschiedenen Perkussionsinstrumente werden fabelhaft vorgeführt und verweisen darin auf sich selbst zurück: auf Klang und Rhythmus. Dass im vierten Satz dieser Rituals (der Titel ist inhaltliche Substanz) eine sportive, kampfeslustige Farbe auftrumpft, bereichert die Lebendigkeit der kompositorischen Mittel. Das Orchester wird hier zur Big Band unmittelbar, jazzig, fetzig, anmachend. Vielleicht steckt in diesem Opus mehr amerikanische Eigenheit als im fein versponnenen Violinkonzert. Die Gruppe Nexus dokumentiert ihre Perkussions-Virtuosität par excellence.
Jörg Loskill