Mendelssohn Bartholdy, Felix / John Adams
Violin Concerto No. 2 in e minor op. 64 / Violin Concerto
Der erst 19 Jahre alte amerikanische Geiger Chad Hoopes, der seit 2013 von Ana Chumachenco an der Kronberg Akademie den letzten Schliff erhält, hat seine erste CD vorgelegt. Als Debüt gewählt hat er Mendelssohns e-Moll-Konzert op. 64 und das aus dem Jahr 1993 stammende Violinkonzert des amerikanischen Komponisten John Adams.
Chad Hoopes vermag hierbei mit einer intonationsmäßig hoch präzisen Tonbildung und Stimmführung zu brillieren, er ist technisch ungemein versiert, doch seine Tongebung bleibt dabei auffallend monochrom. Bei der dynamischen Zurücknahme wird sein Ton einfach kleiner, er behält aber dieselbe Farbe. Das schränkt die Möglichkeiten der Ausdrucksdifferenzierung nicht unerheblich ein, es fehlt dem Geigenpart doch einiges
an Tiefendimension. Besonders zum Tragen kommt dies in Mendelssohns Violinkonzert, dessen zweitem Satz Hoopes Emotion und Ausdrucksgebung wie künstlich aufsetzt. Der Tongebung fehlt ein Gutteil einer augenblicklichen Lebendigkeit. Technisch beeindruckend dann wieder der Finalsatz, denn für das Zirzensische ist sein heller und klarer Ton wie geschaffen. Der Orchesterpart wird dabei von der Technik ein wenig in den Hintergrund gedrängt, doch bleiben Kristjan Järvi und das MDR Sinfonieorchester Leipzig hier auch von der musikalischen Durchdringung her matt im Tonfall und undurchsichtig in der Strukturierung von Stimmführung und Phrasenzeichnung.
John Adams zählte zu deren Hochzeiten zu den Vertretern der amerikanischen Minimal Music. Auch in seinem Violinkonzert sind seine musikalischen Muster und Motivkonstellationen und dies im Solopart wie im Orchestersatz noch geprägt von einem minimalistischen Gedanken. Darüber hinaus leitet den Komponisten, was Form und Satzfolge seines Violinkonzerts angeht, ein retrospektiver Blickwinkel auf das traditionelle Solokonzert des 19. Jahrhunderts.
Doch seine musikalisch eher schmalspurige Idee trägt für ein Solokonzert nicht ausreichend. Im Einleitungssatz (ohne Tempobezeichnung) kreist der Orchestersatz mit einheitlichem Grundpuls fortwährend in aufwärts gerichteten Bewegungsabläufen, der Solopart steht vergleichsweise zwar im Brennpunkt des musikalischen Geschehens, aber er schwimmt weitgehend mit im Strom. Der zweite und langsame Satz (Chaconne: Body Through Which the Dream Flows) baut im Orchester auf ein ostinates Bass-Modell, das schon von den Orchesterinstrumenten umspielt wird und nur von der Solovioline noch eine zusätzliche freie Überkronung erfährt. Der Finalsatz (Toccare) ist am weitestgehenden dem Minimalismus verpflichtet: Hier werden kleinräumige Repetitionsmuster ins Rollen gebracht, und die Solovioline ist da eigentlich nur eine neben anderen Orchesterstimmen. Doch was dabei abverlangt wird, beherrscht Chad Hoopes mit größtmöglicher Verve. Aber wirklich zeigen, was einer kann, lässt sich damit nicht.
Thomas Bopp


