Schönberg, Arnold
Verklärte Nacht op. 4 / Kammersymphonie Nr. 1 op. 9
Ein beachtliches Zeugnis seiner hohen Spielkultur und einer gewachsenen Tradition legt das Bayerische Staatsorchester unter seinem Chefdirigenten Zubin Mehta mit einer Arnold Schönberg gewidmeten CD ab. Die Verklärte Nacht in der revidierten Fassung für Streichorchester von 1943 und die Kammersymphonie op. 9 zeigen Mehta und sein Orchester von der besten Seite. Die beiden Werke dokumentieren Schönberg auf dem Weg zur Atonalität, ohne dass zum Zeitpunkt der Komposition schon eindeutig festzumachen war, wohin die Entwicklung Schönbergs in den kommenden Jahren noch führen sollte und welchen Einfluss seine Musik, mehr aber noch seine Theorie des Komponierens mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen auf das Komponieren im 20. Jahrhundert haben sollte.
Davon ist hier natürlich nur ansatzweise etwas zu spüren. Und Mehta ist nicht der Interpret, der dies unter allen Umständen betonen muss. Der Dirigent zeigt bei der Verklärten Nacht die Tristan-Nähe und die Dramatik auf, die dem Werk innewohnt, wenn man nur bereit ist, ihr nachzuspüren. Da zeigt sich Mehta durchaus auch als erfahrener Operndirigent, der die Musik aufleuchten lassen kann. Dies bedeutet zwar nicht, dass ihm die Form und Durchhörbarkeit nicht interessieren würde, aber im Vordergrund steht doch die dunkle Klangpracht, die hervorragend aufspielenden Streicher, die von einer kraftvollen, dunklen Grundierung ausgehen. Unter Mehtas Stabführung verbindet sich Wagnersche Klangfülle und hochchromatische Pracht mit verdichteter Kontrapunktik. Mehta und seine Streicher dozieren hier nicht, wie man bei anderen Schönbergeinspielungen erleben kann, sondern sie lassen vor den Ohren der Zuhörer ein musikalisches Drama Gestalt annehmen.
Die Kammersymphonie Nr. 1 für 15 Instrumente steht im Gegensatz zur Verklärten Nacht für Konzentration statt Ausdehnung. Auch dank der hervorragenden Solobläser des Bayerischen Staatsorchesters gelingt hier eine Einspielung, die bei aller Beachtung der musikalischen Form den Ausdruck des Werks in den Vordergrund rückt.
Walter Schneckenburger