Gala, Francesco/Enrico Girardi
Verdi alla Scala / Wagner alla Scala
Chöre, Präludien und Symphonien u. a. aus "Nabucco", "Il Trovatore" und "Otello", Vol. 1, mit CD / Ouvertüren und symphonische Auszüge u. a. aus "Tristan und Isolde", "Parsifal", "Lohengrin", mit CD
Richard Wagner gegen Giuseppe Verdi die Saisoneröffnung mit Lohengrin an der Mailänder Scala stieß im vergangenen Dezember bei Lokalpatrioten auf Protest. Mit CD-Veröffentlichungen zum Doppelgedenkjahr will das Theater nun beiden Komponisten gleichermaßen gerecht werden.
Auf dem Album mit historischen Aufnahmen von Verdi-Chören, Präludien und Sinfonien ist zunächst der berühmte Gefangenenchor Va, pensiero, sullali dorate aus Nabucco zu hören, dirigiert von Arturo Toscanini 1946 zur Wiedereröffnung der im Krieg schwer beschädigten Scala. Trotz der im Vergleich zu heutigen Standards eingeschränkten Tonqualität ist diese Liveaufnahme ein wertvolles Zeitzeugnis, das einen Eindruck vom Stil des legendären Dirigenten vermittelt. Noch älter, nämlich von 1931,
ist die Studioaufnahme von Fuoco di gioia! aus Otello mit Carlo Sabajno. Ansonsten spannt sich der Bogen vor allem durch die 1950er Jahre. Herbert von Karajan dirigiert Vedi! Le fosche notturne spoglie aus Il Trovatore, Tullio Serafin mehrere Stücke aus Aida, wie etwa den Triumphmarsch. Unter Leitung von Toscanini und Carlo Maria Giulini erklingen Vorspiele aus La Traviata, die dann für 35 Jahre aus dem Programm der Scala verschwand. Als chronologischer Abschluss des Opernteils folgen Gianandrea Gavazzeni mit Un ballo in maschera (1960) und die ein Jahr später mit Gabriele Santini entstandene Aufnahme von Spuntato ecco il dì desultanza aus Don Carlo. Weitaus dumpfer ist die Klangqualität der 1954 aufgenommenen Teile des Verdi-Requiems, bei dem Victor de Sabata am Pult stand.
Auch auf dem Wagner-Album macht Toscanini den Anfang mit dem Vorspiel zum 3. Aufzug von Lohengrin, aufgeführt 1946 in Luzern, wo der Dirigent in Zeiten von Faschismus und NS-Diktatur einen künstlerischen Zufluchtsort gefunden hatte. Lohengrin und Die Walküre sind bisher die am häufigsten in Mailand dargebotenen Wagner-Opern. Im Gegensatz zu der Verdi-CD finden sich auf diesem Album nur Liveaufnahmen. Besonders beeindruckend ist Isoldes Liebestod mit der stimmgewaltigen Wagner-Sängerin Kirsten Flagstad und Victor de Sabata am Pult. Karajan ist ebenfalls in einer der an der Scala seltenen Aufführungen von Tristan und Isolde zu erleben (1958). Aus den Aufnahmen mit Wilhelm Furtwängler wurden der Walkürenritt sowie Siegfrieds Tod (mit Max Lorenz) und Siegfrieds Trauermarsch aus Götterdämmerung ausgewählt.
Die mit Fotos aus dem Scala-Archiv aufwendig gestalteten Begleitbücher zu beiden CD-Editionen enthalten auch Texte in deutscher Übersetzung. Der Wagner-Band gibt aufschlussreiche Hintergrundinformationen über den Umgang mit dem Werk des Komponisten in Mailand (siehe den Aufsatz von Enrico Girardi: Wagners Musiktheater an der Scala: eine glanzvolle Chronik). Die Abbildungen in beiden Büchern umfassen einen längeren Zeitraum als den der Aufnahmen. Zu sehen sind beispielsweise auch Riccardo Muti bei einer Nabucco-Probe in den 1980er Jahren und die Aida-Inszenierung von Franco Zeffirelli zur Saisoneröffnung 2006 oder aber Impressionen von der jüngsten Rheingold-Produktion, bei der Daniel Barenboim am Pult stand.
Corina Kolbe