Watanabe, Yukiko

ver_flies_sen

für Violine, Violoncello und Klavier, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Universal Edition, Wien 2012
erschienen in: das Orchester 02/2014 , Seite 72

ver_flies_sen wurde als Teil des Ö1 Talentebörse-Kompositionspreises bei der Universal Edition verlegt. Die Uraufführung der 20-minütigen Komposition fand 2012 in Wien durch David Frühwirth (Violine), Friedrich Kleinhapl (Violoncello) und Anika Vavic (Klavier) statt. Yukiko Watanabe, 1983 in Japan geboren, studierte zunächst Komposition, Klavier und Kammermusik an der Toho Gakuen School of Music in Tokio. Seit 2008 ist sie Kompositionstudentin bei Beat Furrer an der Kunst-Universität Graz.
Anreiz für das Stück und Grundlage von ver_flies_sen für Violine, Violoncello und Klavier bot das Ölgemälde O Húngaro der brasilianischen Künstlerin Adriana Varejão. Es zeigt ein gefliestes Schwimmbecken, dessen identische Fliesen durch die Spiegelung des Wassers gekrümmt scheinen. Der Titel ver_flies_sen, der die drei Grundbedeutungen „Fliese“, „fließen“ und „verfließen“ je nach Betrachtung ineinander verschwimmen lässt, zeigt das Gestaltungskonzept der Musik auf. Der Komposition liegen laut Aussage der Komponistin neun unsichtbare Schichten unterschiedlicher Tempi zugrunde. Auf dieses Fundament „verlegte“ sie passende Noten. Ständige Bewegung lässt die Musik in immer neuem Licht erscheinen: Sie „verzieht“ sich und wirkt mal klar, mal undurchschaubar wie die Fliesen im Wasser auf Varejãos Gemälde. Dabei geht Yukiko Watanabe geschickt mit Spieltechniken um und setzt sie vielfältig und ideenreich ein. Die einzelnen Parts sind technisch sehr anspruchsvoll. Zentrales Element bilden Flageoletts in den unterschiedlichsten Formen, die den durchscheinenden, fließenden Charakter der Komposition aufgreifen und widerspiegeln. Bei den Streichern kommen zudem unterschiedliche Bogentechniken wie z.B. col legno, gepresstes Streichen oder instabile Bogenführung zum Einsatz. Das Klavier wird mit fünf Radiergummis präpariert. Zudem arbeitet der Pianist mit Spieltechniken wie durch die Hand gedämpfte Töne oder Pizzicati.
Yukiko Watanabe lässt sich in ihrer Musik oft durch Alltagsklänge inspirieren. Diese entstammen sehr unterschiedlichen Bereichen. Klänge wie z.B. Geräusche von elektrischen Geräten oder das Rauschen des Windes werden durch Musikinstrumente imitiert und interpretiert. Durch immer wieder neue Kombinationen verändert sich der Blickwinkel.
Neben mehreren Instrumentalwerken für unterschiedliche Besetzungen umfasst das Œuvre der Komponistin Vokalwerke und Opern. Auch verschiedene Kunstrichtungen, wie neue und traditionelle japanische Kunst, Videos und Animationen fließen in Yukiko Watanabes Werke mit ein. Diese Vielseitigkeit und Offenheit für unterschiedliche Musik- und Kunsteinflüsse sowie die musikalische Interpretation von Alltagsklängen wecken Interesse an Watanabes Person und ihren Werken.
Anna Catharina Nimczik

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