Chmielewska, Aleksandra
Veni Emmanuel
für gemischten Chor a cappella (SSAATTBB), Partitur
Die junge polnische Komponistin Aleksandra Chmielewska (geb. 1993) gewann mit Veni Emmanuel den 2. Preis beim 12. Internationalen Kompositionswettbewerb Musica Sacra Nova, ausgeschrieben u.a. vom Erzbistum Köln und dem Gaude Mater in Czestochowa (Tschenstochau). Die Uraufführung fand im Rahmen des Europäischen Festivals für zeitgenössische geistliche Musik in Brauweiler am 21. Mai 2016 statt. Nach einem abgeschlossenen Oboenstudium studiert Chmielewska weiterhin Komposition und Kunstgeschichte, zudem ist sie auch Autorin.
Das aus ursprünglich fünf Antiphonen für die letzten Tage vor der Geburt des Erlösers adaptierte Adventslied ist insbesondere im englischen Sprachraum weit verbreitet. Die bekannteste Melodie, die angeblich aus dem Mittelalter stammend Mitte des 19. Jahrhunderts von Thomas Helmore veröffentlicht wurde, findet bei Chmielewska keinen Widerhall. Sie vertont vier der fünf lateinischen Strophen, tauscht dabei die zweite und dritte aus. Eine englische Übersetzung (ohne Angabe, in der Fassung von Lacey) ist abgedruckt. Der Vers Gaude! Gaude! Emmanuel!/Nascete pro te, Israel! beendet jede Strophe als Refrain, die Anapher Veni, veni zu Beginn jeder Strophe intensiviert die Hoffnung auf den Kommenden. Chmielewska gibt dem Wort Veni einen lombardischen Rhythmus und setzt es, in den Stimmen versetzt, als Mittel des Klangaufbaus ein. Durch seine Repetitionen und Wiederaufnahmen erhält es den Charakter eines Mottos. Gaude ist nicht als musikalischer Refrain angelegt, zwar im Rhythmus mit dem Motto verwandt, tritt es verknüpft mit den unterschiedlich gestalteten Mittelteilen, den eigentlichen Textteilen, auf. Hier fehlt ein adäquater freudiger Charakter.
Die Tonsprache ist recht konventionell, modal mit einigen Klangschärfungen. Oft werden Haupttöne angesteuert, kadenzierende Schlüsse, als Noema gebaut, beenden die jeweiligen Strophen. Tonal ist das Stück nicht geschlossen, es beginnt in c- und endet in es-Moll. Auch wenn der Partituraufbau neun Stimmen zeigt (auf dem Titelblatt sind nur acht vermerkt), ist die Komposition oft nur zweistimmig mit Mixturen, d.h. in Quart- und Quintparallelen, ausgeführt. Die Teilung der Stimmen gilt nur phasenweise, die Partitur hätte oft auch auf vier Systemen Platz gefunden.
Ansätze zu Polyfonie gibt es kaum, hingegen gen Ende zu Überlagerungen verschiedener Gestalten. Statt auf Entwicklungen setzt die Komponistin auf Wiederholungen, die dreimalige Rückung von Klangfeldern auf den Grundtönen c und h bei O Jesse Virgula ist ein recht einfaches Mittel. Der Sopran wird selten in die Höhe geführt, ihm fehlt es an Strahlkraft.
Veni Emmanuel ist für Chöre nicht schwer in der Ausführung, dabei klanglich wirkungsvoll, kompositorisch macht es sich Chmielewska teilweise zu leicht.
Christian Kuntze-Krakau