Elgar, Edward

Variations on an Original Theme

for Orchestra op. 36 "Enigma", Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2007
erschienen in: das Orchester 10/2008 , Seite 61

Edward Elgar (1857–1934) gilt gemeinhin nach rund zweihundert Jahren Schweigen als erster bedeutender britischer Komponist seit Henry Purcell. Forschungen der vergangenen Jahrzehnte haben mehr und mehr bewiesen, dass diese Vorstellung ausgesprochen unzutreffend ist und dass Großbritannien zu keinem Zeitpunkt ein „Land ohne Musik“ war. Elgars Enigma-Variationen werden ähnlich häufig als „milestone in the revival of ‚greatness‘ in English music“ bezeichnet. Auch diese Position ist schon lange nicht mehr haltbar, wurden doch vielmehr zahlreiche Generationen britischer Komponisten des 18. und 19. Jahrhunderts aus dem Bewusstsein und dem Konzertleben verdrängt, nicht zuletzt durch Elgars Förderer. Dabei muss Elgars erstes größeres Orchesterwerk als Teil einer Traditionslinie gesehen werden, der u.a. auch Hubert Parrys Symphonic Variations (1897), Charles Villiers Stanfords Concert Variations on „Down among the dead men“ op. 71 für Klavier und Orchester (1897-98), Granville Bantocks „Helena“ Variations (Oktober 1899) und Josef Holbrookes Variations on „Three Blind Mice“ op. 37 (1900) zugehören. Es ist betrüblich, dass sich Editoren und Verlage immer wieder mit den „üblichen Verdächtigen“ befassen, anstatt Vergessenes (wieder) zugänglich zu machen.
Immerhin ist diese Neuausgabe von Elgars Variations on an Original Theme als ausgesprochen erfreulich zu bezeichnen. Sie ist sorgfältig ediert und macht erstmals auch den verworfenen ersten Schluss der letzten Variation zugänglich. Die Umwendestellen der bisher erschienenen Partituren werden beibehalten, da sich diese offensichtlich in der Praxis bestens bewährt haben und sich Herausgeber Christopher Hogwood als Dirigent dieser Erfahrungen sehr wohl bewusst ist. Nur ganz selten sind die Quellenkollation – ansonsten ausgesprochen umfassend und erstmals auch auf historisches Aufführungsmaterial zurückgreifend – unklar und editorische Entscheidungen nach dem kritischen Bericht nicht nachvollziehbar (etwa Var. I, T. 1 oder 2 oder Var. XI, T. 2). Doch dies wirkt gering angesichts der sorgfältig edierten und gut lesbaren Partitur.
Allerdings hätte man sich – insbesondere angesichts des happigen Preises – ein sorgfältigeres Lektorat der Einleitung gewünscht: Neben den bereits erwähnten historisch schlicht falschen Einschätzung des Werks schreibt Hogwood an einer Stelle Brighton statt New Brighton (in der Nähe von Liverpool, wo Granville Bantock Elgars Werk aufführte). Auch werden diverse Zitate nicht oder nur ungenügend nachgewiesen. Doch wiegen diese Einwände angesichts der sorgfältigen Edition von Elgars Komposition durch Christopher Hogwood gering.
Jürgen Schaarwächter

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