Bär, Ute

… und denke an mein theures Zwickau

Robert Schumanns Kindheit und Jugend

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Hohenheim, Stuttgart 2009
erschienen in: das Orchester 05/2010 , Seite 64

Auf den ersten Blick hat das Bändchen etwas von einem Reiseführer. Besonders, weil die Umschlagseiten mit anschaulichen Karten und Stadtplänen versehen sind, die den Weg zu Schumann-Plätzen in der ostsächsischen Stadt weisen. Auf den zweiten Blick erweist sich das dekorative Büchlein als Essaysammlung zum Verhältnis Robert Schumanns zu seiner Geburtsstadt Zwickau bzw. der Stadt zu dem Komponisten. Adressat: offensichtlich der interessierte Laie mit Vorbildung.
Im weitesten Sinne hervorgegangen – wie das Vorwort verrät – aus einer Serie im Lokalteil der regionalen Tageszeitung, setzt sich Ute Bär mit ganz unterschiedlichen Phänomenen und Problemen aus dem weiten Feld „Schumann und Zwickau“ auseinander. Entsprechend ist jedes der 13 Kapitel für sich lesbar, bauen diese – obgleich im weiteren Sinne chronologisch geordnet – nicht zwingend aufeinander auf.
Die Mitarbeiterin des Zwickauer Ablegers der Düsseldorfer Schumann-Forschungsstelle trägt Material zur Kindheit und Jugend des Komponisten zusammen, thematisiert das Verhältnis zur Mutter, treibt genealogische Recherchen, die nicht zuletzt die Geschichte der Schumann’schen Verlagsbuchhandlung in Zwickau erhellen, und führt auch dezent in die wechselvolle Stadtgeschichte Zwickaus ein. Eine Menge über bürgerliche Musikkultur erfährt man en passant. Es menschelt in den ersten Kapiteln des Büchleins, wenn von den Jugendfreunden und ersten musikalisch-literarischen Versuchen die Rede ist. Mit vielen Zitaten unterfüttert, plaudert Bär über den Heranwachsenden, den es hinaus in die Welt treibt, und über sein späteres Verhältnis zur alten Heimat. Nur in seltenen Fällen wird eine gewisse Quellenverliebtheit anstrengend für den Leser. Dramaturgen werden sich im Schumann-Jahr jedenfalls über so viele mögliche Zitate freuen. Den Charakter der Gelegenheitszusammenstellung existierender Artikel spürt der Leser dennoch zu oft. Vielleicht hätte die Überarbeitung an mancher Stelle etwas mehr Tiefgang vertragen, inhaltlich, aber besonders auch formal – zum Beispiel, wenn die Kapitel 12 und 13 fast identische Titel tragen.
Spannend und ein angenehmes Novum sind trotzdem jene Essays, die von der sich mit den Zeiten wandelnden Schumann-Verehrung der Zwickauer erzählen, findet sich doch hierin eine Menge Generalisierbares sowohl in Bezug auf die Schumann-Rezeption als auch auf die Geschichte bürgerlicher Musikkultur. Schade nur, dass der gerade daran Interessierte das Buch angesichts des Titels nicht unbedingt in die Hände nehmen würde.
Liebevoll mit zahlreichen Abbildungen von damals und heute ausgestattet, richtet sich das Buch wohl vor allem auch an bibliophile Musikfreunde und Zwickau-Reisende auf Schumanns Spuren.
Tatjana Böhme-Mehner