Tschaikowsky-Variationen

Peter Tschaikowsky: Serenade C-Dur op. 48/Werke für Violoncello und Streichorchester / Anton Stepanowitsch Arensky: Variationen über ein Thema von Tschaikowsky op. 35a

Rubrik: CDs
Verlag/Label: ebs records 6123
erschienen in: das Orchester 07-08/2005 , Seite 89

Auch die zweite CD-Produktion, die der Cellist und Dirigent David Geringas gemeinsam mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim Tschaikowsky gewidmet hat, ist mehr als ansprechend geraten. Präsentierten Geringas und das Orchester auf der ersten CD eine Bearbeitung der Jahreszeiten op. 37 a für Sprecher und Streichorchester sowie kleinere Stücke für Cello und Streichorchester, so stehen auf der jüngst erschienenen, auch klanglich sehr ansprechend geratenen CD die populäre Streicherserenade des Komponisten den selten zu hörenden Variationen Anton Stepanowitsch Arenskys über ein Thema von Tschaikowsky op. 35 a aus dem Jahr 1894 gegenüber. Abgerundet wird das Programm durch sehr hörenswerte Miniaturen Tschaikowskys.
Geringas zeigt sich bei diesen Preziosen als Orchesterleiter (und Solist) bei dem Melodrama Nr. 10 aus der Musik zu Ostrowskis Schauspiel Schneeflöckchen op. 12, einem con sordino gespielten, sehr melodischen Stück, sowie den Transkriptionen des Valse sentimentale op. 51/6, dem „Andante cantabile“ aus dem Quartett op. 11 sowie dem Pezzo capriccioso op. 62 als ein Interpret, der die Streicherklänge zu dosieren weiß, Gefühl nicht mit Sentimentalität verwechselt und dem Klischee der „russischen Seele“ nur bedingt huldigt. Die Streicher des „Südwestdeutschen“ sind Geringas dabei aufmerksame Gefolgsleute. Hervorzuheben ist auch der gute Booklettext, der sehr informativ über Entstehung sowie die Bearbeitungen der unterschiedlichen Stücke informiert.
Sicher darf man sich fragen, ob eine weitere Einspielung der so beliebten C-Dur-Streicherserenade Tschaikowskys Sinn macht. Die Zahl der Vergleichseinspielungen ist Legion, und trotz der insgesamt überzeugenden Streicher des SWDKO gibt es Aufnahmen, die der des SWDKO an Virtuosität, an klanglichem Schmelz, vielleicht auch an Spannkraft überlegen sind. Dennoch kann Geringas in seiner insgesamt die Bahnen der Konvention nicht verlassenden Auffassung ein überzeugendes Ergebnis erreichen. Sehr luftig, transparent, mit Gefühl für die Mischung der Streicherfarben, dem klassizistischen Geist der Musik ebenso angemessen wie dem Schmelz der Melodik bringt er das klein besetzte Streicherensemble – Tschaikowsky forderte, wie im Booklet zitiert, hingegen eine größtmögliche Besetzung der Serenade – dazu, eine konkurrenzfähige Interpretation auf CD zu bannen. Im Finale überzeugt der vorantreibende Impetus, der keinen Raum für Gefühlsseligkeit lässt.
Das größere Interesse dürften aber Arenskys Variationen erwecken, die eine Erinnerungsmusik an den ein Jahr zuvor verstorbenen Tschaikowsky darstellen. Ursprünglich als zweiter Satz des zweiten Streichquartetts von Arensky komponiert, hat er selbst das Werk für Streichorchester
bearbeitet. Neben dem Thema Tschaikowskys aus dem Lied Byl u Christa mladenza sad („Und es hatte das Jesuskind einen Garten“) benutzt Arensky dem Anlass entsprechend auch Zitate aus der russischen Kirchenmusik. Sicher fehlt es der SWDKO-Einspielung etwas an der klanglichen Fülle der Einspielung von John Barbirolli mit den hervorragenden Streichern des London Symphony Orchestra, aber Geringas’ Sicht hat durchaus auch ihre
Meriten. Klar, konturenscharf betont er den variativen Charakter der Musik. Diese logische Strenge lässt indes immer genügend Raum, dass die Musik atmen kann. Eine CD, die durch ihre zumindest teilweise sehr ansprechende Programmwahl sowie die disziplinierte Streicherkultur des Kammerorchesters aus Pforzheim überzeugen kann.
Walter Schneckenburger

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support