Trompetenkonzerte des Barock

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Thorofon CTH2596
erschienen in: das Orchester 11/2013 , Seite 77

Wie viele CD-Aufnahmen der barocken Standard-Trompetenkonzerte gibt es wohl derzeit auf dem Markt? Nahezu jeder namhafte Solist wird in seiner Karriere mindestens eine Aufnahme der großen barocken Trompetenkonzerte von Leopold Mozart, Johann Wilhelm Hertel, Johann Friedrich Fasch und Johann Melchior Molter vorlegen. Wer hier also mit einer Einspielung punkten will, muss sich an den ganz großen Solisten messen lassen. Ob das Trompetenkonzert von Leopold Mozart allerdings als „Barockmusik“ durchgehen würde, wäre doch eine spannende Frage für eine Erörterung im Begleitheft gewesen.
Der luxemburgische Trompeter Pierre Kremer ist Mitglied in diversen Kammermusikensembles und widmet sich laut Booklet der Erkundung unzähliger Aspekte von Musik, vom Barock bis zur zeitgenössischen Musik und Jazz. Zu lesen bekommt der interessierte CD-Besitzer überdies Folgendes: „Die Interpretation barocker Musik auf Originalinstrumenten ist eine wichtige Aufgabe, mit der der Künstler seinen Beitrag zur Renaissance des Barocks leistet.“ Daneben prangt ein Foto des Künstlers mit moderner Piccolotrompete in der Hand. Also wohl eher keine Interpretation auf Originalinstrument?! Die eben zitierte „wichtige Aufgabe“ hin oder her – ich würde eher auf eine handelsübliche Yamaha-Trompete tippen.
Beim Anhören wird schnell klar, dass Kremer zwar ein guter Solist ist, ihm aber einiges fehlt, um bei den wirklich Großen mithalten zu können: die musikalischen Ideen eines Reinhold Friedrich, der Klang und die lupenreine Intonation eines Matthias Höfs und die Virtuosität eines Wolfgang Bauer, um nur einmal bei den deutschen Solisten zu bleiben. Kremers Klang wirkt besonders in hohen Lagen oft dünn und schneidend, immer wieder stören kleinere intonatorische Unsauberkeiten, und die Triller und Verzierungen beschränken sich auf das im Notentext notierte. Leider will sich bei mir der berühmte Gänsehauteffekt nicht einstellen, denn auch nach mehrmaligem Durchhören kann ich nur wenige Phrasen entdecken, die wirklich von Anfang bis Ende ausgespielt und wunderschön gestaltet sind.
Das Lettische Philharmonische Kammerorchester unter der Leitung von Carlo Jans begleitet durchsichtig und gekonnt, jedoch ist es schade, dass auf die Verwendung eines Cembalos konsequent verzichtet wurde.
Wirklich interessant an der Stückzusammenstellung ist lediglich die Aufnahme der auf moderner Trompete selten eingespielten Sonate für Trompete, acht Streicher und Basso continuo von Alessandro Stradella.
Das Textheft eignet sich bestenfalls, um einem Einsteiger in die Welt der klassischen Musik einige Grundsätze näher zu bringen. Leider stören beim Lesen nicht nur die schlechte Übersetzung, sondern auch einige Fakten, die schlicht falsch sind: So ist mir beispielsweise ein Komponist namens „Tomaso“ unbekannt, der in Modena die Schule von Modena eröffnete. Luxemburg – 6 Points! Lettland – 8 Points!
Kristin Thielemann