Respighi, Ottorino

Trittico Botticelliano / 3 Corali / Pini di Roma

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Musikproduktion Dabringhaus und Grimm MDG 937 1677-6
erschienen in: das Orchester 01/2012 , Seite 69

Gerne wird Respighi als ein besonders wandelbarer Komponist des beginnenden 20. Jahrhunderts gesehen. Einer, der unterschiedlichste Strömungen im europäischen Raum aufgreift und eint. Einer, der in der Spätromantik zu Hause ist, dennoch mal nach Ravel und mal nach Rimski-Korsakow klingt und zudem noch als Musikwissenschaftler gregorianische Harmonik, barocke Fugen, klassische Themenführung und romantische Instrumentierung schätzt und einsetzt.
Anders formuliert könnte man aber auch sagen: Respighi ist ein Komponist, der Moden aufgreift, sich mit einer ästhetischen Linie allerdings schwer tut. Das Beethoven Orchester Bonn teilt in seiner Einspielung dreier Respighi-Werke diese fehlende Risikobereitschaft und liefert eine sehr vorsichtige, werktreue Interpretation. Das garantiert dem Hörer wohlausgewählte Tempi und einen im Großen und Ganzen befriedigenden Hörgenuss, eine überaschende Perspektive auf Respighi bleibt ihm allerdings verwehrt.
Das bekannteste und auch abwechslungsreichste Werk der CD sind die Pini di Roma. Wer die ewige Stadt kennt, weiß, warum Respighi den Pinien neben den Festen und Brunnen einen Platz in seiner Trilogie der sinfonischen Rom-Dichtungen einräumt: Stets präsent an Roms verschiedensten Orten prägen die elegant schlanken Bäume die Atmosphäre der Stadt. In der Einspielung des Bonner Orchesters fehlt es allerdings an italienischer Eleganz und Frische. Statt leichthändig zu phrasieren, bleiben die Bögen der Streicher zu häufig an der Saite, die Bläser intonieren vor allem im dritten Lento-Satz zuweilen wackelig und entfalten einen nur engen Klangraum. Dafür versöhnt der berühmte Auftritt der Nachtigall am Schluss des Lentos. Dirigent Blunier hat sich für ein besonders zaghaft zwitscherndes Tierchen entschieden, dass sich mit den trillernden Violinen zu einer flirrenden Abendstimmung fügt, in der die Grenze zwischen Instrument und Vogelgesang im Dunkel versinkt. Eine überraschende Alternative zu den vollkehlig balzenden Nachtigallen der meisten Einspielungen.
Im Gegensatz zu den Pini und dem Trittico Botticelliano, das sich ähnlich wie die Pini verhält, ist der weiche Streicherklang des Beethoven Orchesters in den Bearbeitungen dreier Bachchoräle („Nun kommt der Heiden Heiland“, „Meine Seele erhebt den Herren“ und „Wachet auf, ruft uns die Stimme“) ein passender Kontrapunkt zur barocken Originalversion. Respighis Ziel, durch neue Instrumentation und Bearbeitung die barocken Choräle im warmen Licht der Romantik erscheinen zu lassen, gelingt hier mit den Bonnern auf gutem Niveau.
Großer Wert wird außerdem auf die Aufnahmetechnik gelegt: Bei der Live-Einspielung wurde auf nachträgliche Klangbearbeitung verzichtet. Nebengeräusche, leichtes Rauschen und zu geringe Lautstärke schmälern dabei das gewünschte wohltuend-natürliche Klangerlebnis der 3D-Aufnahmetechnik.
Etwas mehr interpretatorischen Mut und forsche Italianità hätte man dieser Einspielung gewünscht – ist das Programm doch eine gelungene Auswahl aus dem Werk eines musikalisch weit blickenden Komponisten.
Vera Salm