Kreutzer, Joseph

Trios op. 9 Nr. 1-4

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Thorofon CTH 2488
erschienen in: das Orchester 12/2004 , Seite 93

Für Liebhaber musikalischer Preziosen abseits des etablierten Repertoires kommt hier eine hübsche Einspielung unbekannter Werke in einer heute seltenen Besetzung auf den Markt. Den Komponisten Joseph Kreutzer nicht zu kennen, der übrigens mit den berühmteren Trägern dieses Namens nicht verwandt ist, dürfte keine Schande sein. Man erfährt aus dem CD-Booklet, dass er 1790 in Aachen „als illegitimer Sohn eines gewissen Wilhelm Kreutzer“ geboren wurde und 1840 in Düsseldorf gestorben ist, wo er „Konzertmeister und gelegentlich stellvertretender Kapellmeister des Düsseldorfer Vereines für Tonkunst“ war und unter anderem dem Komponisten Norbert Burgmüller Violin- und vielleicht Gitarrenunterricht erteilt hat.
Die Begegnung mit seinen vier Trios für Flöte, Violine und Gitarre op. 9 ist durchaus lohnend. Sie bewegen sich auf der Grenze zwischen leichter Kunst- und anspruchsvoller Hausmusik und vermitteln einen interessanten Einblick in ein damals sehr lebendiges, heute fast vergessenes Feld bürgerlich musikalischer Kultur.
Alle vier Trios sind dreisätzig mit einem entwickelten Sonatensatz zu Beginn, reizvollen langsamen Sätzen in der Mitte und rondoartigen Finali als Ausklang. Insofern stehen sie der gehobenen Kammermusik in der Nachfolge der Wiener Klassik nahe. In ihrer Thematik, Metrik und Klangbildung weisen sie jedoch auf den Typus der Serenade. Das macht schon die Wahl der Instrumente deutlich. Und insbesondere unterstreicht diesen Serenadenton die Gitarre, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch bauliche und spieltechnische Veränderungen allmählich ihre heutige Bedeutung gewann. Auch bei Kreutzer ist sie keinesfalls nur Begleitinstrument, sondern erhält vielfach die Funktion eines relativ gleichwertigen kammermusikalischen Partners.
Eine Besonderheit der Trios op. 9 ist die auffällige Dominanz der Querflöte gegenüber der Violine, die seltener thematisch hervortritt und eine überwiegend sekundäre, begleitende Rolle spielt. Man kann das als Hinweis ansehen auf die mögliche Bestimmung dieser Kompositionen für den Flöte spielenden Düsseldorfer Chirurgieprofessor Joseph Naegele, dem drei andere Werke Kreutzers, ein Flötenquartett und zwei Flötenquintette, ausdrücklich gewidmet sind. Wahrscheinlich wollte sich der Komponist, der bei einer anzunehmenden privaten Aufführung selbst die Violine oder die Gitarre übernommen haben wird, der Hauptperson des Abends damit bescheiden unterordnen.
Das Gragnani Trio musiziert Kreutzers Trios durchsichtig, spielfreudig und unprätentiös. Die Gitarristin belebt die Stücke mit differenzierter Anschlagtechnik und einem warmen, nuancierten Klang. Neben dem Flötisten profiliert sich die Geigerin durch ihren schönen Ton. Schließlich ist der kompetente und informative Einführungstext von Johann Gaitzsch hervorzuheben, der ein wichtiges Ingredienz des gelungenen Gesamteindrucks bildet.
Peter Schnaus

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support