Reinecke, Carl

Trio für Klavier, Oboe und Horn a-Moll

op. 188, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2011
erschienen in: das Orchester 11/2011 , Seite 67

„Musica rara“ ist Carl Reineckes in der gleichnamigen Reihe des Verlags Breitkopf & Härtel jetzt als Reprint der Leipziger Erstausgabe erschienenes a-Moll-Trio gleich in zweifacher Hinsicht: Die Besetzung mit Oboe, Horn und Klavier stellt eine absolute Ausnahme selbst in Reineckes an seltenen Besetzungen nicht eben armem Œuvre dar, und auch der Komponist ist nach wie vor weder im Konzertsaal noch auf Tonträgern besonders präsent. Ein paar Konzerte, ab und zu eine Sinfonie und das ein oder andere Kammermusikstück sind bisweilen aus seinem gut 300 Opuszahlen umfassenden Lebenswerk zu hören, das er neben seiner umfangreichen Dirigenten- und Lehrtätigkeit in rund 86 Lebensjahren geschaffen hat. Allein die Liste seiner heute noch bekannten Kompositionsschüler scheint fast länger als die seiner im aktuellen Musikleben präsenten Kompositionen.
Vielleicht geprägt durch die Lehrtätigkeit und seine langjährige Arbeit als Gewandhaus-Kapellmeister entwickelte Reinecke im letzten Drittel seines kompositorischen Wirkens eine Vorliebe für Kammermusik mit Bläsern in durchaus ungewöhnlichen Besetzungen. Insbesondere einige Trios fallen hier auf. Das erste dieser Werke, das hier wiederveröffentlichte Opus 188, ist zwar vom Komponisten auch für eine klassische Klaviertriobesetzung mit Violine und Violoncello autorisiert, seine volle Wirkung wird
es aber definitiv nur in der Originalgestalt entfalten können.
Wer bei Reinecke vordergründige Virtuosität erwartet, sieht sich wie meist bei ihm auch in diesem Trio getäuscht. Der Komponist ist vielmehr auf den Spuren einer in allen Stimmen ausgewogenen, tonlich ausbalancierten und eher gesanglichen denn motorisch geprägten Kammermusik unterwegs. Und gerade die Verschmelzung der von Natur aus eher kontrastierenden Klänge der drei Instrumente scheint in diesem Werk vortrefflich gelungen. Das mag vor allem am runden und fließenden Klavierpart liegen, der extreme Lagen scheut, hat aber auch mit der Stimmführung der drei Instrumente zu tun, die fast schon in Richtung Orchestersatz weist. Ein schönes Beispiel dafür ist das äußerst knappe Scherzo, das – vor ein
ruhig-sangliches Adagio gestellt – weniger auf scharfe Kontraste denn auf ein federnd leichtes Zusammenwirken der drei Stimmen setzt.
Die von Reinecke in der Kammermusik häufiger anzutreffende Vierzahl der Sätze wird komplettiert durch zwei Rahmen-Allegri, deren erstes dunkel eingefärbt beginnt, während das Finale dann doch mit etwas Brillanz zu wirken imstande ist. Dennoch – und das sollte die Verbreitung dieses hörenswerten Werks unterstützen – fordert Carl Reinecke auch hier keine besondere Virtuosität von seinen drei Instrumentalisten. Gefragt ist vielmehr die Fähigkeit, drei unterschiedliche Klangcharaktere tonschön und mit romantischer Wärme zu integrieren.
Daniel Knödler