Bork, Magdalena

Traumberuf Musiker?

Herausforderungen an ein Leben für die Kunst

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2010
erschienen in: das Orchester 02/2011 , Seite 65

Musiker im 21. Jahrhundert müssen mehr können, als ihr Instrument perfekt zu beherrschen – so lautet die Kernaussage von Magdalena Borks vorliegender Studie, die auf der Basis ihrer vor vier Jahren vorgelegten Dissertation entstand. Man mag einwenden, dass diese Aussage auch bereits in vorangegangenen Zeiten einen hohen Wahrheitsgehalt hatte; und dennoch ist in unserer Zeit ganz bestimmt von einer Verschärfung der Anforderungen in einem immer enger werdenden Arbeitsmarkt zu berichten.
Um den gestiegenen Anforderungen auf den Grund zu gehen, sie wissenschaftlich-analytisch zu benennen und einzugrenzen, hat die Autorin 40 Berufsmusiker (allesamt Absolventen der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst) eingehend befragt und sowohl objektive Kennzahlen und -zeichen als auch subjektive Einschätzungen, Bewertungen und Erklärungen zusammengetragen. Strukturiert ist die Untersuchung dabei entlang der drei wesentlichen Lebensphasen eines Musikers: der musikalischen Sozialisation, der Ausbildung bzw. des Studiums und schließlich des Berufslebens. Wobei zu Letzterem anzumerken ist, dass seit dem Studienabschluss der Befragten im Durchschnitt gerade einmal gut fünf Jahre vergangen waren, mithin also erst ein vergleichsweise kurzer Abschnitt der Berufstätigkeit überblickt werden konnte.
Magdalena Bork, die selbst als Musikerin aktiv gearbeitet und ihre eigenen Erfahrungen mit dem heutigen Konzertbetrieb gemacht hat, weist zu Recht darauf hin, dass ihre Studie aus verschiedenen Gründen – Untersuchung einer relativ kleinen, lokal beschränkten Stichprobe mit dem Charakter einer Momentaufnahme – nicht repräsentativ sein kann. Dennoch kommt die Autorin zu einer sehr differenzierten und weit aufgefächerten Sicht der Einflussfaktoren auf die Entwicklung eines Berufsmusikers, die sich aus der gut strukturierten Herangehensweise im Rahmen der Untersuchung ergibt.
Dort, wo es spannend wird, bei der Bewertung und Schlussfolgerung, hält Bork es zwar sehr knapp, findet aber in einer pointierten Darstellung durchaus zu sehr konkreten Ergebnissen, ja sogar Empfehlungen an den heutigen Ausbildungsbetrieb. So darf gemeinsam mit der Autorin durchaus hinterfragt werden, wieso Themenkomplexe wie Stressbewältigung, physische Belastungen des Musikerberufs, ökonomische Fragestellungen oder Interpretationstheorie im künstlerischen Musikstudium heute noch so gut wie gar nicht behandelt oder zumindest nur sehr oberflächlich gestreift werden. Allein aufgrund dieser aus den vielen Interviews abgeleiteten Fragestellungen wird das vorliegende Buch wie bereits die Disserta­tion die (Fach-)Diskussion ganz gewiss weiter stimulieren.
Daniel Knödler