Strauss, Richard

Tondichtungen 1

Ein Heldenleben/Tod und Verklärung

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Hänssler Classic CD 93.299
erschienen in: das Orchester 12/2013 , Seite 77

Ausgerechnet Richard Strauss – was bei keinem Stadttheaterorchester verwundern würde, überrascht im Falle des SWR Sinfonieorchesters. Kaum ein deutscher Klangkörper ist so sehr mit der zeitgenössischen Musik verbunden wie das großartige SWR-Orchester mit Sitz in Freiburg. Mit seinem jungen französischen Chefdirigenten François-Xavier Roth plant das Ensemble, nach einer Einspielung von Mahlers Erster und Anton Weberns Schmachtfetzen Im Sommerwind, nun aber die Aufnahme sämtlicher Tondichtungen von Richard Strauss. Für Neue Musik muss man ältere CDs heraussuchen oder ins Konzert gehen.
Den Anfang bildet die beliebte Kopplung von Heldenleben (1899) mit Tod und Verklärung (1891) – und beinahe ist man geneigt, die Auswahl als autobiografische Kampfansage oder wahlweise Schwanengesang des SWR-Orchesters aufzufassen. Denn für 2016 fest beschlossen ist die Fusion mit dem ebenso renommierten Radio-Sinfonieorchester Stuttgart – ein gewaltiger Kahlschlag im deutschen Orchesterbetrieb. Immerhin: Mit den Strauss-Aufnahmen dürften die SWR-Musiker pünktlich zum eigenen Ende in drei Jahren fertig sein. Für einen großen Sinfoniezyklus hätte die Zeit nicht gereicht.
Doch zur Musik: Dem Heldenleben jenseits der Live-Atmosphäre eines Konzertsaals noch Neues abzugewinnen, ist eine ebenso große Herausforderung wie das Mammutwerk technisch zu bewältigen. Doch François-Xavier Roth findet seinen Stil und legt mit dem SWR-Ensemble eine großartige Interpretation vor, die auch zwischen hundert anderen nicht untergehen dürfte. Es ist eben doch ein Unterschied, ob ein regionales Theaterorchester das Heldenleben unter Aufbietung aller Kräfte stemmt – oder ob ein Ensemble wie das SWR-Orchester ganz selbstverständlich über das Material verfügen kann.
Die siebte Tondichtung von Richard Strauss, mit der er sich vor allem selbst ein Denkmal gesetzt hat, hebt hier mit herrlichem Rucken der Kontrabässe an, wird straff, konzentriert und feinnervig von Anfang an musiziert. Das Orchester agiert kraftvoll, ohne Angst vor technischen Tücken oder Extremen. Roth setzt auf eine klare Struktur, lässt den Klang nicht zerfließen, wird dabei aber nie zu nüchtern. Diesen Maximen folgt auf der Solovioline Christian Ostertag. Wunderbar dezent verabschiedet sich im dritten Teil „des Helden Gefährtin“, dafür wird auf der „Walstatt“, wo der Held auf seine Feinde trifft, ohne Rücksicht auf Verluste (und hin und wieder die Intonation) gefochten. Der Held und seine Melodie gehen im Heer der Feinde beinahe unter, gewinnen aber die Oberhand zurück und können in Schönheit entschweben.
Die Tondichtung Tod und Verklärung schildert dann das Siechtum eines Sterbenden, der sich an sein bewegtes Leben erinnert. Auf dieser Aufnahme ist das Stück besonders illustrativ ausgestaltet, die Streicher schillern, die Tempi sind variabel. Und doch will der versöhnte Schluss nicht so recht zum richtigen Leben passen.
Johannes Killyen

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