Hesketh, Kenneth
The Doctrine of Affections
for eight wind instruments, Partitur/Stimmen
Komponist Kenneth Hesketh, geboren 1968, nannte sein Werk für acht Bläser (Flöte/Altflöte, Klarinette/Bassklarinette, zwei Fagotte/Kontrafagott, Trompete in C, Trompete in B, Posaune und Bassposaune) und einen Dirigenten Affektenlehre: Sind hier tatsächlich Parameter der barocken Komponierkunst anzutreffen?
Mit Chorus 1 (Fanfara) beginnt es: Fortissimo klingt es in allen Stimmen, aber melodisch und harmonisch ist es kein bisschen barock. Drei kräftigen, fanfarenartigen Takten folgt eine aufsteigende Linie in der Bassposaune, die Klarinette kommt mit exakt notiertem, schnellem Legato-Gedudel um die erste untere Hilfslinie herum dazu. Posaune und zweite Trompete sowie die Bassposaune fügen Töne im Staccato hinzu. Einen Takt später folgt die Flöte, melodisch und rhythmisch ein wenig der Klarinette auf ihrem Weg in die hohen Lagen ähnelnd aber eben nur ein wenig. Genaues Spiel ist nötig, um die feinen Details herauszuarbeiten. Insgesamt überwiegt der fanfarenartige Charakter.
Die folgende Aria di Portamento lässt der Altflöte viel Raum. Lange Töne in tiefer Lage hat sie zuerst zu spielen, später schwingt sie sich dann in größere Höhen auf. Der Komponist möchte, dass die Altflöte am Bühnenrand, auf Höhe des Dirigenten, diese Aria spielt. Dadurch kommt sie akustisch besser zur Geltung. Überhaupt will Hesketh alles gut durchhörbar gespielt wissen: Dem Blech wird im Vorwort nahegelegt, sich im Fortissimo an der Lautstärke der Holzbläser zu orientieren, um diese nicht zuzudecken.
Chorus II (Frammenti di fanfara) folgt. Wieder fanfarenartige, diesmal weitaus kürzere Signale, die rhythmisch exakt auf dem Punkt kommen müssen. Die immerhin 67 Takte lange Aria di Parlante darf notfalls ausgelassen werden, heißt es im Vorwort. Warum hat Hesketh sie dann überhaupt komponiert? Fröhliches Staccato-Geschnatter gibt es hier, mal mit mehr, mal mit weniger Instrumenten besetzt.
Die Aria dImitazione schließt sich an: Flatterzunge und Staccato der beiden hohen Holzbläser über sanften langen Tönen der tieferen Kolleginnen. Aria dAgilità heißt der folgende Satz. Im schnellen 12/8-Takt erinnert er zu Beginn an eine Gigue. Doch schon nach wenigen Takten verändern die vielen Taktwechsel den Charakter der weiterhin sehr deutlichen Motorik. Chorus III schickt die Flöte in die Höhe. Flöte, Klarinette und Fagott begeben sich in schnelle Läufe, Kontrafagott und Blech dürfen es etwas gemächlicher angehen. Ein akustisch imposanter, flotter Schlusssatz. Hesketh hält die Einheit des Affekts im Satz ein, hat aber melodisch und harmonisch den barocken Rahmen weit hinter sich gelassen. Auch sind weder Satzfolge noch Satzform streng barock.
Durch die Wahl der Besetzung und der modernen Instrumente klingt es kräftig und orchestral, stehen viele Klangfarben zur Verfügung. Ein Dirigent ist notwendig. Das 2006 uraufgeführte Stück dauert immerhin 14 Minuten.
Heike Eickhoff