The cello’s opera voice
Werke von Giuseppe Verdi, Carl Maria von Weber, Richard Strauss, Gioacchino Rossini, Johann Strauss jr. und Daniel F. E. Auber
Des Cellos authentische opera voice vernehmen wir zu Beginn: In der Ouvertüre zu Verdis Masnadieri frei nach Schillers Räubern nach wenigen Takten erhebt das Cello seine Stimme und singt im Vorgriff auf einen der Protagonisten eine klagende Arie. Dem Instrument wurde eine tragende Rolle auf den Leib geschrieben, ein Privileg, das dieser schmucken Preziose einen noch engeren Handlungsbezug verleiht, als ihn beispielsweise Rossinis großes Wilhelm Tell-Solo besitzt.
Es wäre lohnend, den Opernauftritten des Cellos einmal eine ganze CD zu widmen. Was in vorliegender Produktion auf Verdi folgt, entstammt zwar nicht dem Theater, doch geht das Generalmotto The cellos opera voice insofern in Ordnung, als ausnahmslos Großmeister der Bühne zu vernehmen sind, noch dazu solche, die auf unterschiedliche Weise der Kniegeige zu theatralischer Wirkung verholfen haben. Eingerahmt einerseits von zwei Jugendwerken Webers Grand Potpourri (1810) und der F-Dur-Romanze von Richard Strauss (1883) und andererseits zwei Alterssünden von Rossini und Auber hören wir die hinsichtlich ihres Repertoirewerts größte Überraschung der CD: drei Original-Piècen aus der Feder des Walzerkönigs Johann Strauß, alle für die Pawlowsker Sommerkonzerte des Strauß-Orchesters geschrieben und alle wunderschön.
Dass der Klang eines Cellos dem der Vox humana nahe, ja unter allen Instrumenten vielleicht am nächsten kommt, wurde schon häufig festgestellt. Auch in vorliegender Produktion dient dieser Gedanke als inhaltliche Klammer und mit Ramon Jaffé erleben wir einen Solisten, dessen Stil- und Klangideal durchaus von der Idee bühnenbeherrschenden Primadonnentums geprägt scheint. Klassik, so lässt das Booklet wissen, sei Jaffés Liebe, Flamenco aber seine Leidenschaft eine befremdliche Information angesichts einer CD, die keinerlei Kostprobe seiner Leidenschaft enthält. Sind wir gebeten, Jaffés Leistungen auf dem Gebiet der Klassik zu relativieren?
Obwohl jung an Jahren, ist Jaffé ein Solist alter Prägung. Wer halsbrecherische Virtuosität nebst pastosem Legato auf dem Cello liebt, wird ihm mit Genuss lauschen. Hier und da mag indes der Wunsch aufkommen, Cellistisches aus der Feder Webers, Rossinis und Aubers allesamt Kinder des 18. Jahrhunderts einmal nicht in sattsam bekannter Celloattitüde, sondern ohne Geschmacksverstärker, lediglich mit leichter Soße verfeinert zu erleben. Dass in puncto technische Bewältigung einige wenige Kratzer im Lack zu Tage treten, bleibe nicht unerwähnt.
Einen angenehmen Eindruck hinterlässt das Jenaer Orchester, das unter der Leitung von Daniel Raiskin zuverlässig und klangschön akkompagniert. Den Anfangsakkord der Richard Straussschen Romanze hätte man jedoch so nicht stehen lassen dürfen.
Iosif Raiskins Booklettext leidet offenbar unter Übersetzungsholperern und setzt den Leser mit seiner Eingangsbemerkung, das 20. (sic!) Jahrhundert sei das goldene Zeitalter des Cellos gewesen (versehentlich?) auf eine falsche Spur.
Gerhard Anders