The Bruno Monsaingeon Edition Vol. 2: Yehudi Menuhin

Rubrik: DVDs
Verlag/Label: EuroArts 2075018
erschienen in: das Orchester 06/2015 , Seite 83

Über einen Zeitraum von 30 Jahren hat der französische Regisseur, Musiker und Autor Bruno Monsaingeon Filme über den Ausnahmegeiger Yehudi Menuhin gedreht, mit dem ihn auch eine private Freundschaft verband. In einer bei EuroArts erschienenen Box mit acht DVDs sind 13 teils bisher unveröffentlichte Filme – Dokumentationen, Konzertaufnahmen und Bonusmaterialien – zusammengestellt.
Ende der 1980er Jahre entstand die interessante dreiteilige Dokumentation Retour aux sources über Aufenthalte Menuhins in der Sowjetunion. Viele Jahre lang hatte der Künstler keine Einreisegenehmigung erhalten, nachdem er 1971 auf dem Kongress des Internationalen Musikrats in Moskau den vom Kreml geächteten Schriftsteller Alexander Solschenizyn erwähnt hatte. Erst in der Gorbatschow-Ära wurde der 1916 in New York als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer geborene Musiker wieder nach Moskau und Leningrad eingeladen, wo er begeistert vom Publikum gefeiert wurde. Besonders berührend sind die Szenen, die Menuhin beim
gemeinsamen Musizieren mit der Pianistin Viktoria Postnikowa zeigen und Einblick in ihren intensiven Gedankenaustausch geben.
Die DVD-Box enthält fünf von Menuhin in Moskau und Leningrad aufgeführte Konzertprogramme: u.a. Werke von Bach (unter Beteiligung von Sohn und Enkel des legendären Violinisten David Oistrach) sowie von Bartók, Beethoven und Tschaikowsky (unter Leitung des Dirigenten Gennadi Roschdestwenski). Zu den Raritäten dieser Edition gehören außerdem Aufnahmen des dritten Satzes aus dem Elgar-Violinkonzert, des Brahms-Violinkonzerts mit dem Leipziger Gewandhausorchester unter Kurt Masur (1982) und von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ (1979).
Die fünf Jahre vor Menuhins Tod entstandene Dokumentation Le violon du siècle (Der Geiger des Jahrhunderts, 1994) verfolgt die Entwicklung des „Wunderkinds“ bis zu seinen künstlerischen Gipfeln. Das enge Verhältnis Bruno Monsaingeons zu dem Geiger spiegelt sich zudem in ihren Gesprächen über Musik und Geschichte im Sommer 1994 auf der griechischen Insel Mykonos. Monsaingeon, ebenfalls Violinist, hatte Menuhin in den 1970er Jahren als Schüler eines seiner Meisterkurse kennen gelernt. In einer wenige Jahre später entstandenen Aufnahme, die als Bonusmaterial mitgeliefert wird, spielen beide gemeinsam Duos von Bartók.
Für all diejenigen, die Leben und Wirken von Yehudi Menuhin detailliert und aus neuen Blickwinkeln nachvollziehen wollen, sind die fast 18 Stunden Filmmaterial eine wahre Fundgrube. Menuhin ist nicht nur als grandioser Musiker, sondern auch als universell gebildeter Mensch zu erleben, der sich im ehemaligen Ostblock auf die Suche nach seinen kulturellen Wurzeln begibt. Unbedingt empfehlenswert.
Corina Kolbe