Rimsky-Korsakow, Glasunow, Ljadow und Blumenfeld

The Belyayev Project

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Profil/Edition Günter Hänssler PH12033
erschienen in: das Orchester 09/2013 , Seite 82

Es wird wohl niemals zu ermessen sein, welche und wie viele der großartigsten Kompositionen die Musikgeschichte ihren Förderern verdankt. Grund genug, einen solchen Mäzen mit der Zusammenstellung einiger von ihm geförderter Werke zu ehren. In Russland bekleidete beispielsweise der Petersburger Holzhändler Mitrofan Petrowitsch Belyayev (transliteriert auch: Beljaev, Beljajew, Beljaev oder Belaieff) dieses „Amt“. Ohne ihn ist ein Glasunow kaum denkbar, ohne ihn wären zahlreiche Kompositionen Rimskij-Korsakows, Ljadows, Balakirews, Skrjabins und anderer gar nicht erst komponiert worden. Beljajew – nebenberuflich Hobbybratschist in einem Streichquartett – gab schließlich den väterlichen Holzhandel auf und ließ sich die Musikförderung angelegen sein.
Vorliegende CD enthält einige Stücke für Soloklavier, bei denen Miki Aoki den überzeugenden Beweis antritt, das durchaus eigene Idiom russischer Klavierschule höchst vollendet zu beherrschen. Die anderen hier eingespielten Stücke sind kammermusikalische Bearbeitungen solcher Werke, die man original in anderen Gewändern kennt – zum Beispiel Rimskij-Korsakows berühmten Hummelflug in der frappierenden Jascha-Heifetz-Bearbeitung für Violine und Klavier. Ein Husarenstück, das man sich gern mal als Konzertzugabe wünschen würde, hier meisterhaft dargebracht von Andrey Baranov.
Als bedeutsames Werk der Kammermusik erweist sich auch Rimskij-Korsakows recht „unrussisches“ c-Moll-Trio, aus dem heraus verschiedentlich Johannes Brahms einverständlich zu lächeln scheint. Aleksandr Glasunow ist mit Arrangements aus seinem Ballett Rajmonda und aus dem fast schon berühmten D-Dur-Konzertwalzer vertreten. Schließlich ist noch die Barcarole für Klavier von Anatolij Konstantinowitsch Ljadow zu hören, eines Komponisten, dessen hierzulande allenfalls noch durch gelegentliches Abspielen seiner Spieldose gedacht wird. Als Komponist (mit einem freilich auch nur kleinen Œuvre) weitgehend unbekannt ist Felix Blumenfeld, der als damals berühmter Dirigent immerhin die russische Erstaufführung von Wagners Tristan und Isolde leitete. Seine Klavieretude Sur mer zeigt denn auch, dass er „seinen“ Wagner kennt – ohne ihn indes einfach nur abzukupfern.
Die drei jungen Musiker (noch keiner von ihnen hat die „30“ erreicht) musizieren mit Leidenschaft und einem Können, das ihnen ganz sicher auch noch breitere Wege weisen wird.
Vielleicht lässt sich dieses ehrende Projekt gelegentlich ja noch dahingehend erweitern, dass man – in etwas veränderter Besetzung – jene humo­rige Gemeinschaftskomposition Rimskij-Korsakows, Borodins, Ljadows und Glasunows aufzeichnet, mit der die Genannten Beljajew zu seinem 50. Geburtstag ehrten: ein Streichquartett über die Tonfolge B-La-F (= b-a-f), das meines Wissens noch nie auf Tonträger eingespielt worden ist.
Friedemann Kluge