The Beethoven Symphonies
3 DVDs
Mariss Jansons und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, zwei Instanzen der klassichen Musik, die sich perfekt verstehen, eroberten im Herbst 2012 auf ihrer Japan-Tournee in der Suntory Hall in Tokio mit der Aufführung der neun Symphonien von Beethoven die Herzen der Zuhörer im Sturm. Optisch und akustisch lässt sich dieser Aufführungsmarathon auf drei DVDs nachvollziehen. Jansons zeigt sich in diesen Klangdokumenten mit seinen Musikern als ein engagierter Sachwalter des modernen Orchesterklangs. Schon während seiner Studienzeit in Wien bei Swarowsky und Karajan hat er sich mit der historischen Aufführungspraxis, die sich damals noch in der Entwicklungsphase befand, auseinandergesetzt.
Beethovens 1. Symphonie betrachtet Jansons noch als Fortsetzung der Spätwerke Haydns. Schon die Zweite besitzt für ihn einen deutlich eigenen Charakter. Jansons frische Tempi sowie die fast kammermusikalische Differenzierung im Trio des Menuetts der 1. Symphonie und im Trio des Scherzos der Zweiten lassen aufhorchen. Transparent, klar und durchsichtig ist das Klangbild in allen Symphonien. Jansons vertraut stets dem Duktus der Musik. An keiner Stelle spürt man etwas von plakativem Auftrumpfen. Elegant gelingen die Übergänge der korrespondierenden Bläser und Streicher, die auf poetischen Austausch miteinander bedacht sind. Dabei tönen besonders die Holzbläser hier durchwegs wesentlich präsenter als bei früheren Aufnahmen anderer Maestri, was sich u.a. in der Darstellung der Eroica zeigt, wo die Oboe das Thema vorträgt. Durch feinnervige Behandlung der orchestralen Strukturen erzielt Jansons eine eindringliche Wirkung. Die gewählten zügigen Tempi sind geschmeidig, und die Phrasierungen artikulieren sehr plastisch die jeweilige Satzanlage.
In der 5. Symphonie, wo das revolutionäre Potenzial Beethovens besonders deutlich wird, hat Jansons noch ausreichende Reserven, streben die Streicher mit leidenschaftlicher Dynamik in stetem Vorwärtsgang auf den Schluss zu. Anmutig, kantabel, aber auch energetisch geht es in der
6. Symphonie zu, wo sich Schönheit und Urgewalt der Natur packend die Hand reichen. Die Musiker spielen hier mit viel dynamischer und farblicher Differenzierung. Die präzise Akzentuierung aller musikalisch vorgestellten Themen erzwingt vor allem im vorwärtsdrängenden Finalsatz der Siebten, wo Jansons in eleganten Bögen sein Orchester zu einem rauschenden Finale führt, furiose Steigerungen.
Dieser Spannungsbogen wurde auch bei den beiden letzten Symphonien beibehalten. Da sitzt von der Ausdeutung her einfach alles hinsichtlich gewünschter Kontur, Intensität des Spiels und rhythmischem Elan. Alles ist dem melodischen Fluss untergeordnet und von einer niemals erlahmenden Spannung begleitet. Die Musik entsteht hier gleichsam aus sich selbst. In kluger Disposition entsteht so mit Beethovens Vision der Freude das überwältigende Finale der 9. Symphonie mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks und dem Solistenquartett, bestehend aus Christiane Karg, Mihoko Fujimura, Michael Schade und Michael Volle. So strahlend und groß in den Steigerungen und wie aus einem Guss musiziert, zudem auf höchstem instrumentalen Niveau, ist dieses Werk selten zu erleben.
Ulrich Alberts


