Casken, John
That Subtle Knot
Double concerto for violin, viola and orchestra, Studienpartitur
Mit dem Bild des raffinierten Knotens es entstammt einem Gedicht von John Donne, das zwei mit verschränkten Händen dasitzende, ihren Blicken nachsinnende Geliebte beschreibt , wählt der britische Komponist John Casken (*1949) für seine Komposition einen Titel, der wie geschaffen ist für ein Doppelkonzert, in dem die beiden solistischen Streichinstrumente in einen Dialog mit sich selbst und mit dem Orchester treten.
Doch auch ohne Kenntnis dieses poetischen Hintergrunds erschließt sich der Grundgedanke des Werks sofort: 2012/13 für den Geiger Thomas Zehetmair und die Bratscherin Ruth Killius geschrieben, geht die Musik von einer Situation aus, die an das Verknüpfen zweier unterschiedlicher klanglicher Fäden gemahnt. Mit der Anweisung as if recalling an old folk song
singing to oneself
before drawn elsewhere lässt Casken über die ersten Takte hinweg zunächst die Viola in stockenden, sprachnahen Figuren anheben, bevor sich die Violine mit einer hiervon unabhängigen Linie aus längeren Notenwerten hinzugesellt und dadurch ein dialogisch gestalteter Klangfaden entsteht, in den dann schrittweise immer mehr Orchesterinstrumente eingewoben werden.
Nicht nur hier stellt Casken die gesanglichen Qualitäten der Soloinstrumente in den Mittelpunkt, sondern auch im weiteren Verlauf setzt er immer wieder auf das Moment der Kantabilität, das er bis in die feinen Verzweigungen der Soloparts hinein ausformt. Über eine Dauer von rund 25 Minuten hinweg entstehen dabei immer neue musikalische Verdichtungsprozesse, die auf eine variable Einbindung des solistischen Duos in die orchestralen Entwicklungen zielen und als Akzentuierungen des Formverlaufs wahrnehmbar sind, bis das Geschehen in einer allmählich verlöschenden Schlusspassage zur Ruhe kommt.
Angesichts des Umstands, dass es relativ wenige Kompositionen für ein Solistengespann aus Violine und Viola gibt, erweist sich Caskens Doppelkonzert als ebenso reizvolle wie fordernde Aufgabe: Geschickt setzt der Komponist zur Gestaltung der Soloparts eine streichergemäße Satzweise ein, die er insbesondere dort, wo eine rasche Interaktion oder ein rhythmisches Unisono der Solisten gefragt ist mit allerlei vertrackten Aufgaben im Zusammenspiel verbindet. Hiervon ausgehend dürfte der besondere Reiz und Schwerpunkt jeder Werkwiedergabe wohl im Ausbalancieren der Soloparts mit den sehr kammermusikalisch eingesetzten Orchesterinstrumenten liegen.
Dass Casken bei alldem nie vom Grundbestand eines gleichsam traditionellen Repertoires an Spieltechniken abweicht, macht das Doppelkonzert auch für solche Interpreten attraktiv, die keinerlei Erfahrung mit den experimentellen zeitgenössischen Instrumentaltechniken der vergangenen Jahrzehnte haben. Die tonale Harmonik und die hörend leicht nachvollziehbare musikalische Dramaturgie von That Subtle Knot könnten zudem ein Übriges dazu beitragen, dieser ansprechenden Komposition zu einem größeren Verbreitungsgrad zu verhelfen.
Stefan Drees