Büsing, Otfried
Tetraeder
Vier Miniaturen für Bläserquintett, Partitur und Stimmen
Den Freiburger Kompositionsprofessor Otfried Büsing verbindet eine enge Zusammenarbeit mit dem Ensemble Aventure, das auch die vorliegenden Miniaturen für Bläserquintett im Mai 2006 zur Uraufführung brachte. Das fünfminütige Werk kommt bis auf eine Stelle, die von allen Bläsern Flatterzunge sowie von der Flöte auch Tremoli fordert, durchweg mit konventionellen Spieltechniken aus. Bläserisch ist das Werk ohne größere Mühen zu bewältigen, da der Komponist auf extreme Lagen verzichtet. Auch die technischen Anforderungen bewegen sich im Rahmen dessen, was man von Holzbläserkammermusiken des 20. bzw. des 21. Jahrhunderts gewohnt ist. Die Grundtempi präzisiert Büsing nicht näher. Der musikalische Fluss ergibt sich jedoch durch das zugrunde liegende Prinzip der Punktsymmetrie und die sowohl rhythmisch als auch dynamisch detailliert auszutarierenden Kontraste von selbst.
Häufige Taktwechsel und ineinander verwobene Triolen, Quartolen und Quintolen kennzeichnen den ersten Satz, der schließlich in eine an eine Gigue erinnernde Passage mündet. Feinnervige Reaktionen erfordert der etwas vertrackte Einstieg zum Andante, das sich zunächst in gesanglichen Quintolenblöcken präsentiert, die sich schließlich zu einem oszilierenden Klangteppich verdichten. Das Presto entfaltet eine ganz eigene Energie in halsbrecherischen Kaskaden, die eine absolute Kontrolle der Binnendynamik verlangen. Büsing stellt hier Flöte und Oboe dem tieferen Register blockweise gegenüber. In diesem Satz wird der gesamte zur Verfügung stehende Klangraum in Verbindung mit einem hochkomplexen rhythmischen Geflecht ausgeschöpft. Das motorisch geprägte, durchweg homofone Affanato erinnert zunächst an Referenzwerke der Gattung, überraschenderweise verhaucht die Komposition jedoch in ruhigen Klangflächen. Um in den ob der formalen Anlage sehr kleinteiligen Strukturen aufgefächerte und trotzdem lebendige Klänge zu erzielen, ist in Bezug auf die Dynamik eine detailverliebte Arbeit unabdingbar, denn erst dann wird die zugrunde liegende mathematische Dimension erfahrbar.
Die Partitur ist benutzerfreundlich und übersichtlich angelegt. Allerdings lassen Papier- und Druckqualität stark zu wünschen übrig. Davon abgesehen ist Büsings Werk uneingeschränkt empfehlenswert, da es die zeitgenössische Quintettliteratur auf unaufdringliche Weise zu bereichern versteht.
Sandra Sinsch