Dvorák, Antonin

Terzett C-Dur

für zwei Violinen und Viola op. 74, Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2013
erschienen in: das Orchester 12/2013 , Seite 74

Es ist ein kleines, beinahe unscheinbares Juwel und wird doch gerne gespielt: das Streichterzett op. 74 von Antonín Dvorák. Komponiert hatte er es in Prag zwischen dem 7. und 14. Januar 1887 für einen kleinen Hausmusikkreis. Damals lebte ein Chemiestudent in Dvoráks Haus zur Untermiete, der Violinunterricht bei einem Geiger aus dem Orchester des Prager Nationaltheaters nahm. Dvorák soll beide musizieren gehört haben und kam auf die Idee, ein Terzett zu schreiben, bei dem er selbst als Bratscher mitspielen konnte. Deswegen auch die nicht alltägliche Besetzung von zwei Violinen und einer Viola. Der Student soll indes wohl mit seiner Violinstimme überfordert gewesen sein, sodass Dvorák für ihn ein zweites, leichteres Terzett komponierte. Dieses bearbeitete er später für Violine und Klavier und gab es unter dem Titel Vier Romantische Stücke op. 75 heraus.
Besagtes Opus 74 wird einerseits zwar im mittleren Schwierigkeitsgradsbereich eingestuft und oft als Gelegenheitsarbeit abgetan. Andererseits kann man im Internet auf www.geige.wordpress.com lesen: „Bezaubernde Musik, nicht leicht zu spielen. Denn Dvorák hatte die technischen Fertigkeiten des geigespielenden Chemiestudenten, der in seinem Hause zur Untermiete wohnte und für den er das Werk komponierte, überschätzt. So fand die Uraufführung durch Profis statt.“ Tatsächlich wurde das Terzett schließlich am 30. März 1887 bei einem Kammermusikkonzert der Künstlervereinigung „Umelecká beseda“ in Prag durch Karel Ondrícek, Jan Buchal und Jaroslav Štastný uraufgeführt und erschien noch im selben Jahr bei Simrock in Berlin.
Nun kam eine Neuausgabe des Terzetts heraus, bei der es sich um die praktische Einzelausgabe handelt aus der Prager Gesamtausgabe der Werke Dvoráks, Band IV/4, aus dem Jahr 1955. Die Ausgabe ist anhand der Originalquellen von der Prager Kommission für die Herausgabe von Dvo­ráks Werken vorbereitet worden. Inwieweit sich jedoch Erstdruck, Quellen und vorliegender Notentext möglicherweise voneinander unterscheiden und was genau der ungenannte Herausgeber an dieser Ausgabe zugefügt oder weggelassen hat, wird nicht dokumentiert. Mit Kritischem Bericht, Einzelanmerkungen etc., die lediglich von musikwissenschaftlichem Interesse sind, wäre die kleine Ausgabe freilich überfüllt. Dazu gibt es den genannten Band IV der Gesamtausgabe.
Das Einzige, was für den Praktiker von Belang ist, scheint eine Änderung im Takt 114 zu sein, am Beginn des finalen „Molto allegro“ im Variationensatz: Dort steht nun die wohl gültige forte-Anweisung. Bei Simrock stand an dieser Stelle fälschlicherweise ein p, sempre cresc. Es ist dennoch bedauerlich, dass man im Vorwort nichts Erhellendes über die Werkentstehung erfährt. Obwohl der Nachdruck inzwischen bereits über 50 Jahre alt ist, handelt es sich um ein sehr gut les- und spielbares Notenmaterial.
Der wirklich typischste Satz aus der Feder Dvoráks ist das Scherzo, ein rascher böhmischer Tanz mit viel Schmiss und Lebensfreude.
Werner Bodendorff

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