Mendel, Andreas

Technische Grundlagen der Oboe

Effektive und systematische Übungen zur gezielten Verbesserung der Technik

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Moll Edition Mino (Eigenverlag), 2017
erschienen in: das Orchester 07-08/2017 , Seite 65

Gerade erst vor wenigen Monaten wurde in das Orchester 1/2017 (S. 63) das erste Heft der Technischen Grundlagen der Oboe von Oboist Andreas Mendel besprochen. Jüngst kam nun die wiederum zweisprachi­ge Moll-Variante heraus. Auf knapp 100 Seiten sind in gleicher Manier und erneut mit der Hilfe oboespielender Kollegen wie zuvor bei den Dur-Tonarten nun die Moll-Tonarten, paarweise angeordnet, mit den gleichen Übungen bis zu sechs b-Vorzeichen versehen. Die enharmonische Entsprechung dis-Moll (dort Fis-Dur) sowie die Tonarten mit sieben Vorzeichen bleiben wiederum ausgespart.
Wieder enthält das Heft die beliebten „Knochenübungen“: Tonleiterübungen im Oktav- und Quintumfang, Tetrachordübungen, auf- und absteigende Terz- und Quartintervalle, teils repetierend mit und ohne Wechselnoten und Dreiklängen. Darüber hinaus gibt es aber im Moll-Heft ein lesenswertes, zweiseitiges Essay zum „Vibrato auf der Oboe“ von Matthias Bäcker, einem bekannten „Klang­phä­nomen, welches heutzutage breite Verwendung“ findet. Dabei unterscheidet der Autor vier verschiedene Arten: das Kiefer-, Zungen-, Zwerchfell- und das Kehlkopfvibrato, wobei er die beiden Letzteren vorzieht.
Dem Einspielen wird hier noch einmal breiter Raum gegeben, wobei viel Wert auf „Luftführung und saubere Bindung“ gelegt wird, denn: „Ein guter Tonbeginn, also eine weiche Ansprache, ist auf der Oboe eine der größten Herausforderungen.“
Standen im Dur-Heft Klang- und Legato-Übungen besonders im Fokus, so ist nun das Staccato ein Mittelpunkt der Betrachtung. Die entsprechende Übung soll laut Maurice Bourgue, einem weiteren Mitarbeiter, auf den berühmten Oboisten Louis Bleuzet zurückgehen, welche allerdings bislang nicht veröffentlicht, sondern stets mündlich weitergegeben wurde. Auf eine genaue Vorgehensweise wird ausdrücklich hingewiesen, wobei darauf geachtet werden soll, dass immer mit Einfachzunge im Tonumfang zwischen dem f³ und dem kleinen h mit kontinuierlicher Steigerung des Tempos zu spielen sei.
Es folgen weitere Übungen, dieses Mal „für eine saubere und kontrollierte Ansprache“, wofür die Autorin Andrea Glaser verantwortlich zeichnet. Nach den Dreiklangsbrechungen durch besagte Moll- und Dur-Tonarten mit verschiedenen Anfangstönen vom kleinen b bis d1 wie der dazugehörigen kleinen und verminderten Septakkorden folgen die bereits genannten Übungen in harmonisch Moll. Nach diesen Standardaufgaben bietet das sechste und letzte Kapitel „Übungen in allen Tonarten – melodisch Moll“, hier aber reduziert mit lediglich der Tonleiter, dem vierstufigen „Grund­schema“ sowie der „Tonleiter mit Wechselnote.“
Wer das alles mit großem Durchhaltevermögen hinter sich gebracht hat, ohne sich den Finger zu brechen oder sich die Lippen durchgebissen zu haben, hat sich einen Orchesterplatz redlich verdient…
Werner Bodendorff