Teatime at the Savoy

Feinste Klassik- und Jazzmischungen

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Coviello COV 30813
erschienen in: das Orchester 07-08/2009 , Seite 73

Ein Hauch von Pralinenkarton umweht diese CD. Auf dem Cover sieht man drei elegant gekleidete Damen beim Teegeplauder, auf dem Titelblatt des Booklets lächelt eine in Lindgrün gewandete Senorin, die Teetasse in der Hand, inmitten geschmackvoller Stilmöbelumgebung in die Kamera. Andernorts ergießt sich duftender Tee aus einer stilvollen Porzellankanne in die Tasse oder man blickt auf ein verführerisch glänzendes Erdbeertörtchen. Und auch beim Inhalt bleiben die Art-Direktoren ihrer Linie treu. Unter der Überschrift Teatime at the Savoy bietet die Veröffentlichung des Labels Coviello Classics „feinste Klassik- und Jazzmischungen“, gespielt vom Opera Swing Quartet und der Philharmonie Merck, dem Profi-Orchester aus Darmstadt, dessen Hauptsponsor die Merck-Gruppe ist. Kurzum: „Greifen Sie zu“, scheint die CD den Hörern zuzurufen. Gerne.
Zum Beispiel zu “Wolferl is wonderful”. Hier wird die schmeichelnde Terz aus dem “It’s wonderful”-Theme zur Weiche, auf der die Musik immer wieder in Mozart’sches Fahrwasser hineingleitet. Oder zu “Figaros Lady”, einer Kreuzung aus dem Jazz-Standard “The Lady is a tramp” und der Ouvertüre zu “Hochzeit des Figaro”, in der sich die auf- und abwogenden Passagen aus Mozarts Feder auch als quasi improvisatorische Girlanden eignen.
„Wer Stile mischt, darf sich nicht wundern, wenn die Stile gefallen aneinander finden“, umschreibt das Booklet das, was Wolfgang Heinzel sich ersonnen hat. Der ist nicht nur der Spiritus rector der Produktion, sondern auch Leiter der Philharmonie Merck (seit 2003) sowie versierter Pianist und erfindungsreicher Arrangeur im Opera Swing Quartet. Ein Musiker also, der in Jazz und Klassik gleichermaßen zu Hause ist und in Jacques Loussier einen Geistesverwandten sieht. In seinen Arrangements nicken sich Jazzveteranen und Heroen der Abonnementskonzerte gleichsam freundlich zu, treffen sich zum lockeren Gedankenaustausch, besser noch: Geplauder.
Unbekümmert gerät da das Wagner’sche Senta-Thema über einer gleichsam zigarettendunstgeschwängerten Bluesgrundierung ins schillernde Licht eines großstädtischen Nachtlebens (“Senta in the City”), bezahlt den Ausflug aber mit der Verwandlung in eine Sirenenquart. Ravels “Bolero” wird mit Holly Golightlys “Tiffany-Theme” gekreuzt, “La donna e mobile” mit “Stompin’ at the savoy”. Und in “On magic bass tour” vollzieht sich ein kleines, augenzwinkernd dargebotenes Mirakel. Dem Kontrabassisten verwandelt sich, quasi beim Üben, eine Passage aus der Zauberflöten-Ouvertüre in Dave Brubecks “Take Five”.
In vielen dieser Arrangements spielt Klarinettist Wolfgang Weth eine Hauptrolle – er füllt sie mit stupender Leichtigkeit und süffigem Ton aus. Aber auch die anderen Solomusiker, nicht zuletzt Wolfgang Heinzel mit eleganten improvisatorischen Ausflügen am Klavier, bestechen durch Spiel auf hohem Niveau. Und die Musiker der Philharmonie Merck, die in Darmstadt übrigens eine eigene Konzertreihe unterhält, sind mit hörbarem Spaß bei der Sache.
Mathias Nofze