Tea for Two

A Selection of European Delicacies

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Berlin Classics 0300426BC
erschienen in: das Orchester 09/2013 , Seite 80

Überraschend flott und witzig und vom ersten Ton an kurzweilig ist diese CD mit dem Titel Tea for Two – ein berühmtes Stück aus Vincent Youmans Musical No, No, Nanette. Doch nicht das Original ist da zu hören, sondern die feinsinnige und farbige Instrumentation von Dmitri Schostakowitsch.
Wirklich witzig, zitatenreich und mitreißend ist eben das erste Stück, das espritsprühende und viel-, aber kurzsätzige Divertissement für Kammerorchester von Jacques Ibert. Und diese Kurzsätzigkeit ist Programm für die gesamte Aufnahme. Nach Willen der Herausgeber erzählt sie dramaturgisch aufbereitet „mit verschiedenen kurzen, aber delikaten Kompositionen eine Liebesgeschichte mit Happy End“. Salonmusik möchte man dazu kaum sagen, doch es sind reizende und virtuose Salonstücke, die auf hohem Niveau eingespielt sind. „Auch kleinformatige Werke können auf ihre Weise groß sein, und in einer kreativen Form zusammengestellt […] schenken sie dem Hörer eine Stunde voller Staunen und Schmunzeln.“
Doch sind es hier nicht nur französische Komponisten, die zu solch anrührender Liebesmusik fähig sind, sondern auch englische Tondichter sind darin eingebunden: So folgt nach dem beinahe überdrehten Divertissement mit dem berühmten Hochzeitsmotiv Frederick Delius’ On hearing the first Cuckoo in spring und auch Edward Elgars Salut d’amour darf nicht fehlen. Wenn man so verliebt dann auf Wolke sieben wie ein Engel durch den rosaroten Himmel schwebt, trägt ein nicht zu schwerer Wedding Cake für Klavier und Streichorchester op. 76 von Camille Saint-Saëns das Paar sanft wieder zu Boden. Pianist Davide Cabassi zeigt sich hier charmant mit lockerem und fingerflinkem Anschlag.
Als Hochzeitsständchen spielt Maurice Steger auf seiner Blockflöte das Konzert G-Dur für Blockflöte, Streicher und zwei Hörner ad lib. des spätbarocken Komponisten Anton Heberle, welches jedoch in den Gesamtkontext stilistisch und aufnahmetechnisch nicht so ganz hineinpassen mag, zu vordergründig wird die Blockflöte präsentiert. Aber letztendlich soll das Konzert nur Zutat sein und hat wohl weniger mit der Liebesgeschichte selbst zu tun. Nach besagtem Tahiti-Trott von Schostakowitsch, für den nach dem Booklet die „Entführung der Braut“ stehen soll, erklingt eine beruhigende, englische Volksliedweise, welche „die durch Streit beeinträchtigende Liebe im wehmütigen Umfeld wieder zu ihrer harmonischen Basis“ zurückführen soll. Das kann nur die Fantasie on Greensleeves von Ralph Vaugham Williams sein, die alle Wogen glättet. Das Happy End des Ganzen ist der unvermeidliche Nachwuchs. Er findet in den heiteren Variationen über Happy Birthday von Peter Heidrich seinen vergnüglichen Ausgang. Ähnlich wie bei Siegfried Ochs’ Variationsfolge Kommt ein Vogel geflogen sind auf vorliegender CD aber leider nur fünf Variationen zusammengestellt, welche im Stile Bachs, Wagners („Siegfried-Idyll“), Johann-Strauß-Walzern, einer Filmmusik und eines ungarischen Tanzes von Brahms komponiert sind. Was für eine herrliche und geistreiche Idee.
Werner Bodendorff

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