Hillborg, Anders
Tampere Raw for Clarinet and Piano (1991) / The Peacock Moment for Clarinet and Piano (1997)
Dem schwedischen Komponisten Anders Hillborg wurde zu Beginn dieses Jahres die Ehre zuteil, als erster schwedischer Komponist ein Auftragswerk für die Berliner Philharmoniker schreiben zu dürfen. Hillborg wurde 1954 in Stockholm geboren und studierte an der dortigen Musikhochschule Kontrapunkt, Komposition und Elektronische Musik, nachdem er sich als Jugendlicher ganz der Popmusik verschrieben hatte. Seine Lehrer waren u.a. Arne Mellnäs, Pär Lindgren und Gunnar Bucht. Darüber hinaus hat er wertvolle Anregungen von Brian Ferneyhough erhalten.
Der Schwerpunkt von Hillborgs umfangreichem uvre ist die Instrumentalmusik. Für die Klarinette ist dabei sein Konzert Peacock Tales von 1998 zu nennen, das er dem phänomenalen schwedischen Klarinettisten Martin Fröst gewidmet hat.
Die hier vorliegenden Kompositionen für Klarinette und Klavier Tampere Raw von 1991 und The Peacock Moment von 1997 kann man als Inspirationsquelle zu dem Konzert ansehen, da Hillborg mitunter frühere Ideen in späteren Werken wieder aufgreift.
Tampere Raw spielt mit dem Titel auf die finnische Stadt Tampere an. Das siebenminütige Stück ist streng strukturiert; die seriellen Techniken wie Spiegelung, Permutation usw. sind die handwerkliche Ebene des Komponierens. Darüber entsteht ein formal klar gegliedertes Stück, in dem es einerseits zu kontrastreichem musikalischem Geschehen zwischen Klarinette und Klavier, andererseits zu lebhaften, synchronen rhythmischen Verläufen kommt. Insgesamt ist der Klaviersatz sehr sparsam gehalten.
Für den Klarinettenpart, der ohne neue Spieltechniken auskommt, sind extreme, schnell wechselnde Sprünge charakteristisch. Tampere Raw ist eine Musik, die nach einem verhaltenen Beginn von großer Lebhaftigkeit geprägt ist. Sie verzichtet auf die klangsinnliche Seite der Klarinette.
Schon durch den Titel The Peacock Moment, was sich als Augenblick eines Pfaus übertragen lässt, und die Entstehungszeit ist die Nähe zum Klarinettenkonzert gegeben. Auch hier ist das Charakteristikum des Klarinettenparts die Sprunghaftigkeit, zu der ein permanentes Staccato und schnelle Dynamikwechsel sowie Akzentverlagerungen hinzutreten. Die knapp zweiminütige Miniatur umfasst 70 Takte in durchgehender Achtelbewegung und ist MM 180 zu spielen. Formal steht es einem dreistrophigen variierten Lied mit Coda nahe. Das Klavier unterstützt die Akzentuierungen mit Einzeltönen, schwingt sich dann aber auch zu mehr Eigenständigkeit auf, ohne klanglich zu dominieren. Ein Bravour-Zugabenstück für perfekt eingespielte Duo-Partner und eine Staccato-Etüde ersten Ranges.
Beide Notenausgaben sind aus spielpraktischen Gründen auf Einzelblättern in DIN-A3-Format gedruckt.
Heribert Haase


