Stravinsky, Igor
Symphony of Psalms / Symphony in C / Symphony in Three Movements
Simon Rattles Interpretation von Strawinskys Sacre ist durch den Film “Rhythm is it!” nach wie vor (fast) allenthalben präsent und auch während seiner Zeit beim City of Birmingham Symphony Orchestra hat der Dirigent anhand mehrerer Einspielungen bewiesen, dass ihm die Musik des russischen Kosmopoliten durchaus am Herzen liegt. Auch die Sinfonie in drei Sätzen gehört zu den Werken, die Rattle in Birmingham bereits aufgenommen hat; mit den Berliner Philharmonikern präsentiert er nun eine aktualisierte Neuauflage seiner Interpretation, gekoppelt mit der Psalmensinfonie und der Symponie in C. Es handelt sich durchweg um Liveaufnahmen, mitgeschnitten im Oktober 2007 in der Berliner Philharmonie. Besonders in den beiden instrumentalen Sinfonien wird deutlich, dass Rattle keineswegs jenen trockenen, gleichsam wie aus hartem Holz geschnitzten Interpretationsstil bevorzugt, wie er bei der Musik Strawinskys gerne angewandt wird. Im Gegenteil demonstriert er, wie viel Lyrik und vor allem Klangschönheit in diesen Partituren aufzufinden ist.
Folgerichtig gelingen ihm die langsamen Sätze und nachdenklichen Passagen besonders überzeugend, etwa das Andante der Sinfonie in drei Sätzen mit seinen quasi konzertierenden Partien für Harfe. Auch der elegische Schluss der nur scheinbar heiteren Symponie in C ist bezwingend realisiert. In den Ecksätzen dieser beiden Werke treten mannigfach wichtige, oft vernachlässigte Mittelstimmen offen zu Tage, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Allerdings fehlt es hier gelegentlich an jenem mitreißenden, rhythmischen Drive, der den Charakter der Musik (auch) trägt; Strawinsky selbst beileibe kein großer Dirigent geht in seinen Dirigaten (Sony) forscher, federnder zur Sache, auch beispielsweise Charles Dutoit mit dem Orchestre de la Suisse Romande (Decca). Das Klangbild wirkt an einigen Stellen geringfügig dünn und benachteiligt in diesen Momenten den Streicherkörper.
Rattles Interpretation der Psalmensinfonie vermag indes voll und ganz zu beeindrucken. Gemeinsam mit dem bestens präparierten Rundfunkchor Berlin gelingt Rattle eine gleichermaßen konzentrierte und klug durchstrukturierte wie innige Deutung von Strawinskys Glaubensbekenntnis (denn genau darum handelt es sich bei dieser Komposition), die ihren Höhepunkt in der sehr breit ausgespielten, wie entrückt klingenden Coda des Finales findet ein seltener Moment Klang gewordener Transzendenz, der allein die Anschaffung dieser Einspielung lohnt.
Thomas Schulz