Dvorák, Antonín

Symphony No. 9 From the New World/Carnival Overture

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Hänssler Classic 93.251
erschienen in: das Orchester 03/2010 , Seite 71

Antonín Dvorák schrieb seine Sinfonie Nr. 9 e-Moll Aus der neuen Welt während seines Aufenthalts in Amerika im Jahr 1893. Viel ist über die Negro-Spirituals und indianischen Melodien diskutiert worden, die in diesem Werk anklingen. Sir Roger Norrington gelingt es, den exotischen Klang und die Huldigung an die Heimat zusammen mit dem stets konzentriert musizierenden Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR spannungsvoll herauszuarbeiten. Nach einer kurzen, spannungsreichen Adagio-Einleitung eröffnet hier das naturfrische Hauptthema den an Beethovens Sonatenschema orientierten Satz. Dem Vordersatz der Hörner lassen die Klarinetten wie eine böhmische Polka den Nachsatz folgen, der auch an Schubert erinnert. Dreimal meldet sich der Gruß der Heimat mit munteren Fortspinnungen und Umspielungen, wobei die amerikanische Herkunft dieser Melodie weich ausschwingend betont wird. Energischere Töne schlägt dann das dritte Thema an. Durchführung, Reprise und Coda vereinigen sich zu einem bewegenden Klangkosmos.
Im zweiten Satz fallen insbesondere die sauber intonierenden Bläserakkorde auf, die die schwermütige Legende der indianischen Prärie beschwören. Ein unvergesslicher Stimmungszauber macht sich hier breit, wobei die melancholische Melodie im Englisch Horn anklingt. Eine sehnsüchtige Flötenmelodie meldet sich ebenso facettenreich zu Wort. Und in den Posaunen reckt sich drohend das Hauptthema empor. Robust und rhythmisch perfekt klingt das wilde Stampfen des Tanzes im Scherzo an, wobei auch hier die wiegende Weise des Englisch Horns besonders positiv auffällt. Ein dreiklangfrohes Holzbläserthema setzt sich als Huldigung an Schubert durch. Und in der Coda überwiegt bei dieser Interpretation das Scherzo-Motiv. Leidenschaftlich erregt kommt das Finale daher, dessen architektonische Riesenstrukturen Norrington mit dem emphatisch musizierenden Orchester in bewegender Weise beschwört. Das trompetenfreudige Hauptthema erinnert an Tschaikowsky. Mit hinreißender Kraft entwickelt sich die riesige Durchführung.
Auch wenn man manche Passagen noch elektrisierender hätte herausarbeiten können, gelingt dem Orchester hier dennoch eine packende Wiedergabe.
Alexander Walther