Mendelssohn Bartholdy, Felix
Symphony No. 5 “Reformation”/String Symphonies Nos. 5, 6, 10
Mendelssohn hat seine Reformations-Sinfonie geringschätzig als jugendliche Jugendarbeit abgetan. Komponiert hatte er sie zum 300. Jahrestag des Augsburger Bekenntnisses, ein Ereignis, das sich König Friedrich Wilhelm III. 1830 zunutze machte, um die Vereinigung preußischer Lutheraner und Calvinisten in einer unierten evangelischen Kirche voranzutreiben. Die Uraufführung von Mendelssohns Werk fand aus ungeklärten Umständen allerdings erst am 15. November 1832 statt und jetzt (in der Berliner Singakademie) zugunsten des Witwenfonds des königlichen Orchesters.
War Mendelssohn selbst auch mit seiner Komposition er nannte die Reformations-Sinfonie seine Kirchensinfonie unzufrieden gewesen, von der Darstellung des Werks durch die Heidelberger Sinfoniker unter der Leitung von Thomas Fey wäre er gewiss ungemein angetan gewesen. Thomas Fey erreicht hier im Kopfsatz mit seinem Orchester eine außerordentlich feinnervige Lebendigkeit, die auch in die Vertikale zielt und das Übereinanderschichten der Stimmen in kristallin verwobener Aufeinanderbezogenheit aufscheinen lässt, auf der anderen Seite aber auch in der Horizontalen den individuellen Stimmenverlauf selbst mit diffizilster Spannkraft ausleuchtet. Hiermit erzielt er ein sich äußerlich kontrastscharf abzeichnendes Profil von akzentreicher Impulsivität und dramatischem Elan, eine anspringende Prägnanz, die aber dennoch nach innen gerichtet niemals ihre subtilste Gewichtung der Differenzierung der Dynamik und ihren kleingliedrig und in sensibler Intensität umrissenen Gestus des Ausdrucks einbüßt.
Dies alles zusammen ergibt ein hoch komplexes Geflecht innerhalb verschiedenster Ebenen und Schichten, das auch den Hörer, der das Werk durchaus zu kennen glaubt, ob seiner bislang ungeahnten inhaltlichen Dimension geradewegs überwältigen muss. Technisch zeigen sich die Heidelberger Sinfoniker dabei auf einer beeindruckenden Höhe und sie wissen die Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis gekonnt auf ihre modernen Instrumente umzusetzen.
Ungemein detailscharf bekommt man auch die beiden Mittelsätze zu hören, und im Finalsatz weiß Thomas Fey die Entwicklung des Choral-Initiums mit schlechthin frappierendem Feinsinn auszuloten. Im weiteren Fortgang des Satzes lässt Thomas Fey alle hier übliche instrumentatorisch dickliche Undurchdringlichkeit weit hinter sich, so licht und durchhörbar hat man diesen Satz noch nie zu hören bekommen.
Ganz so positiv kann das Urteil über die drei beigegebenen frühen Streichersinfonien Mendelssohns indes nicht ausfallen: Zwar zeigen die auch hier höchst aufmerksam mitgehenden Heidelberger Sinfoniker alle ihre bekannten Stärken, aber der Klangkörper erscheint hier doch etwas zu groß. Darunter leiden ein wenig die gewünschte federnd leichte Beweglichkeit wie auch eine schlank gehaltene Tongebung.
Thomas Bopp