Schostakowitsch, Dmitri
Symphony No. 14
Unter den inzwischen zahlreichen Einspielungen von Schostakowitschs gewaltigem sinfonischen Werk stieß zuletzt die Gesamtaufnahme mit dem Beethoven Orchester Bonn unter Roman Kofman auf erhebliche Resonanz. Außerordentlich sorgfältig produziert, in bestmöglicher Klangqualität und mit beispielhaft edierten Begleitheften setzte Dabringhaus und Grimm einen wirkungsvollen Akzent auf das Bonner Orchester und seinen ehemaligen Chefdirigenten. Mit Veröffentlichung der 14. Sinfonie wird der 2003 begonnene und indessen preisgekrönte Zyklus abgeschlossen. Die Sinfonie markiert in ihrer Singularität gewissermaßen das Ziel eines mühsamen, aber konsequent verfolgten künstlerischen Weges, sowohl für die Interpreten als auch für Schostakowitsch selbst.
Kofmans Herangehensweise an dieses sinfonische uvre ist charakterlich reserviert und vergleichsweise klanggeprägt. Zuweilen vermisste man zwar das Ausloten von Schostakowitschs stets latenter Disharmonie oder die Akzentuierung jenes aggressiven Sarkasmus, durch den sich der Komponist unter der Oberfläche künstlerisch Luft machte. Demgegenüber stand jedoch eine bewundernswerte Spielkultur und Tongebung, welche die Bonner auszeichnet.
Schostakowitschs späte Sinfonien entstanden unter anderen Voraussetzungen als ihre Vorgänger, sodass jener die Möglichkeit zum kompositorischen Experiment eher angehen konnte als zuvor. Anstelle der traditionellen kolossalen Sinfoniesätze traten kleinteilige Zyklen mit Vokalpartien, die klar konturierte charakteristische Klangsprache wurde atonal angereichert und äußerliche Bezüge traten deutlich in den Vordergrund. Und während die 13. Sinfonie noch eine klassische Besetzung verlangte, wendet sich die 14. mit Streichern, Schlagwerk und zwei Sängern einem kammermusikalischen Ensemble zu. Thematisch werden unter Verwendung der Werke von vier Dichtern vielfältige Bezüge zum Tod hergestellt.
Auch hier geht Kofman zunächst nüchtern vor und schafft expressive Ausbrüche nur im Extremfall, vermittelt aber dadurch genau jene beklemmende Grundstimmung, die Schostakowitsch heraufbeschwören wollte. Die Musiker tragen dabei wirkungsvoll den verhalten-bedrückenden Rahmen der Szenerie. Die Hauptverantwortung lastet allerdings auf den Sängern, wobei Iano Tamar (Sopran) und Taras Shtonda (Bass) ideal besetzt sind nicht zuletzt wegen der russischen Texte und ihres adäquaten sängerischen Idioms. Schostakowitsch lässt sie weder Weisheit noch Moral über Leben und Tod bekunden; und obwohl die oft schicksalhaft-abgründigen Verse ihren Niederschlag in der Musik finden (müssen), stehen die Sänger gewissermaßen auratisch über dem Geschehen, von Kofman meisterlich geführt und stets kontrolliert begleitet. Nicht zuletzt wegen dieses Schlusspunkts kann man den Produzenten zum Erreichten nur gratulieren!
Tobias Gebauer