Schumann, Robert

Symphonies Nr. 2 C-Dur & Nr. 3 Es-Dur

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Oehms Classic OC 708
erschienen in: das Orchester 03/2009 , Seite 65

Der Respekt vor Beethovens sinfonischem Schaffen war übermächtig. Fast ein halbes Jahrhundert lang fürchteten die nachfolgenden Komponistengenerationen, mit ihren eigenen musikalischen Schöpfungen innerhalb dieses Genres kaum wirklich aus seinem Schatten heraustreten zu können. Schumann, der bis Ende der 1830er Jahre beständig Krise und Niedergang der Sinfonie nach Beethoven beklagt hatte, stellte sich dann – nach früheren Studien an seiner „Zwickauer Sinfonie“ – selbst dieser Herausforderung. In den 1840er Jahren machte er sich an seine eigenen vier Sinfonien, wobei die heute übliche Zählung nicht der chronologischen Entstehung entspricht. Die Sinfonien in C-Dur op. 61 Nr. 2 und Es-Dur op. 97 Nr. 3, die Stanislaw Skrowaczewski und die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern soeben in einer neuen Einspielung vorgelegt haben, sind die beiden spätesten Beiträge Schumanns zur Gattung der Sinfonie.
1994 ist Skrowaczewski zum Ersten Gastdirigenten des Rundfunk-Sinfonieorchesters Saarbrücken ernannt worden. Seitdem verbindet ihn mit diesem Klangkörper (im Herbst 2007 nach der Fusion mit dem SWR Rundfunkorchester Kaiserslautern in Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern umbenannt) eine enge Zusammenarbeit. Nach Beethovens Sinfonien, die auf Bruckner folgten, wendeten sich Skrowaczewski und seine Sinfoniker zuletzt Schumann zu.
Und sie tun dies mit großem Erfolg. Selten hört man Schumanns Orchestersatz, der immer wieder Anlass für heftige Kritik gewesen ist, in dieser übersichtlichen Klarheit und Transparenz. Angesichts solcher hörbar gemachter feinsinniger Farbigkeit und stimmlicher Ausgewogenheit, die Skrowaczewski und sein Orchester hier erreichen, muss alles Mäkeln an Schumanns Instrumentation verstummen. Den breiten Pinselstrich findet man hier nirgends, hier werden mit einer Detailgenauigkeit und einer Präsenz Neben- und Gegenstimmen herausgearbeitet, hier wird Schumanns Textur in einer Weise aufgefächert und zugleich miteinander vernetzt, dass der Orchestersatz in einem aufregend neuen und subtil gemusterten Licht erscheint.
Jede Figur, jede motivische Wendung bekommt hier die ihr zustehende Gewichtung. Da fällt nichts auseinander, alles fügt sich zu einem voller lebendiger Spannkraft durchgezeichneten sensiblen Organismus. Zwischen einer geschärften Prägnanz, die die Konturen heraustreibt, und einer biegsamen Modellierung Schumanns kantabler Lyrik wird voller Geschmeidigkeit und dies auch teils mit weiter als gewohnt auseinanderstrebenden Temporelationen vermittelt. Schumanns Kontrapunkt wird deutlich herauskristallisiert, wobei aber, dies muss man kritisch anmerken, Skrowaczewski (so etwa im Adagio espressivo der C-Dur-Sinfonie) gerne ein wenig ins Buchstabieren verfällt. Auch mit den Tempodifferenzierungen nimmt er es hin und wieder zugunsten einer organischen Bewegung nicht ganz so genau, Ritardando-Passagen werden des Öfteren schon früher, als es der Notentext vorgibt, entschleunigt. Und auch ein Paukenschlag kann da durchaus einmal, wenn es der Durchzeichnung des Organismus dient, aus dem Wirbel isoliert und besonders impulsiv akzentuiert werden.
Thomas Bopp