Wolfgang Amadeus Mozart
Symphonies No. 9, 14, 20 und 24
Folkwang Kammerorchester Essen, Ltg. Johannes Klumpp
Johannes Klumpp ist ein vielbeschäftigter Mann, der es offenbar versteht, auf vielen Herdplatten gleichzeitig zu kochen. Wer Klumpps Account bei Facebook verfolgt, sieht ihn heute in Prag und morgen in Wien, dazwischen in Wiesbaden oder Saarbrücken, dann in Essen oder Heidelberg. Dabei beschränkt er sich allerdings auf bestimmte Gerichte: In seinem Falle sind es die musikalischen Epochen der Klassik und Romantik.
Johannes Klumpp ist unter den jüngeren Dirigenten einer der gefragtesten. Das mag daran liegen, dass der in Weimar ausgebildete Musiker sein Handwerk versteht und darüber hinaus über die Gabe zu verfügen scheint, sich gut mitteilen zu können. Die Orchester spielen offenbar gern unter seiner Leitung: Das nimmt man nicht nur bei Konzerten, sondern auch bei CD-Einspielungen wahr.
Seit 2013/14 ist Klumpp Chefdirigent des Folkwang Kammerorchesters in Essen und legt jetzt die dritte Folge einer Gesamteinspielung der Mozart-Sinfonien vor. Mit den Werken Nr. 9, 14, 20 und 24 aus den Jahren zwischen 1769 und 1773 sind es diesmal eher weniger bekannte Preziosen des Salzburgers, die das junge Genie unter dem Eindruck mehrerer Italien-Reisen schrieb. Ein eleganter, leichter Ton ist diesen Dur-Stücken eigen, der nicht immer einfach zu realisieren ist, wenn der Tonfall nicht oberflächlich klingen soll. Klumpp hält die Balance zwischen Unbeschwertheit und Grazie mit bewundernswerter Selbstsicherheit, was die Streicher und Bläser des Orchesters zwar entspannt, aber nicht fahrig musizieren lässt. Klumpp verkompliziert die Dinge nicht, aber er nimmt sie ernst.
Der seit fast sieben Jahrzehnten in Essen beheimatete Klangkörper, dem heute überwiegend Frauen angehören, folgt ihm hellwach, die Streicher spielen mit reduziertem Vibrato und insgesamt mit hohem musikalischen Elan. Die Tempi nimmt Klumpp zügig, aber nicht übereilt. Die Solist:innen gestalten mit Esprit.
Freilich könnte man einwenden: Solche Aufnahmen gibt es viele. Das hohe Niveau heutiger Ausbildung garantiert ein bestimmtes Level der musikalischen Interpretation, zumal in Deutschland. Noch jedenfalls. So ist der stilistische Unterschied etwa zur Gesamteinspielung der Haydn-Sinfonien mit den Heidelberger Sinfonien, die Johannes Klumpp übernommen hat und bald beenden kann, aber auch zu manch anderem Orchester oder Dirigenten auf klassischem Terrain nicht eben riesig. Eine wirklich persönliche Note fehlt vielleicht bei diesen Aufnahmen. Aber auch das ist wahr: Es muss nicht immer das Rad neu erfunden werden – selbst in der Musik nicht!
Matthias Roth