Ludwig van Beethoven
Symphonies No 4 & 7
Beethoven Orchester Bonn, Ltg. Stefan Blunier
Die Ära Blunier geht in Bonn standesgemäß zu Ende. Nach achtjähriger, überaus fruchtbarer Zusammenarbeit mit dem Beethoven Orchester Bonn präsentiert der im Sommer aus Protest gegen die städtischen Kultursparer geschiedene schweizerische Orchesterleiter noch eben mal zwei Beethoven-Symphonien. Und zwar die vielleicht unangepasstesten, politischsten des Bonner Sohnes, den die Stadt 2020, zum 250. Geburtstag, ja auch mit ihrem Vorzeige-Klangkörper gebührend feiern will.
Das also demnächst ohne Stefan Blunier, der in den vergangenen Jahren einen Echo Klassik nach dem anderen mit dem Orchester abgeräumt hat und mit dieser, seiner letzten CD-Produktion seinen Beethoven-Zyklus vollendet. Vielleicht ja mit Christoph Prick, der die 106 Musiker (so jedenfalls die Zahl der Planstellen), die für Oper und Konzert in der Bundesstadt zuständig sind, gerade interimsmäßig leitet. Auf dem neuen CD-Album, das wieder vom Schönklang-Label Dabringhaus und Grimm sorgfältig produziert wurde, steht aber neben den Ziffern 4 und 7 Stefan Blunier drauf. Und sein frischer, temperamentvoller, zupackender Musizierstil tönt aus fast jedem Takt dieser beiden Symphonien. Die warten ja nicht unbedingt darauf, wiederentdeckt zu werden. Und Blunier erfindet hier auch nichts neu. Aber er musiziert verlässlich, mit Verve, und zeigt der hörenden Welt noch einmal, was er mit und aus dem Beethoven Orchester Bonn gemacht hat.
Das ist zunächst einmal ein gut funktionierender Organismus. Denn was nützen sorgfältig ausgewählte Musiker, wenn sie nicht angeleitet werden, ihre individuellen Stärken in ihre Gruppe, letztlich in ein Ganzes einzubringen. Beim BOB fällt auf, wie genau gerade die Holzbläser aufeinander eingehört sind. Nun helfen sicher auch die ausgefuchsten Tonmeister von MDG dabei, dass sich diese Fraktion immer mal wieder besonders prominent überm Streicherteppich profiliert und damit die charakteristische Beethovensche Klangarchitektur herausarbeitet.
Das ist sicher eine herausragende Qualität der vorliegenden Aufnahme. Die andere ist eine sehr weit aufgefächerte, sehr differenzierte Dynamik. Blunier experimentiert gerade in den diffizilen langsamen Einleitungen der Kopfsätze (sowohl in der Vierten wie auch, noch umfänglicher, in der Siebten) an der Unhörbarkeitsgrenze. Und erzielt dabei doch einen warmen, sehr runden Klang, der sich ganz wunderbar in den Dienst einer unpathetischen Zugehensweise auf Beethovens Musik stellt.
Blunier strebt hinaus aus den sicheren Gefilden der Rezeptionsgeschichte. Das macht seine Interpretation sehr sympathisch. Und das auch, wenn die Geigen im Fortissimo mal nicht mehr nur schön klingen sollten oder es hier und da mal klappert im Gebälk. Blunier versteht seinen Beethoven, er vermittelt ganz wunderbar zwischen Kopf und Bauch. Ein schöner Schlusspunkt am Ende einer produktiven Zeit.
Armin Kaumanns