Foerster, Josef Bohuslav

Symphonies No. 1 & 2

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Dabringhaus und Grimm MDG 632 1491-2
erschienen in: das Orchester 11/2008 , Seite 65

Josef Bohuslav Foerster (1859-1951) ist der Musikwelt vor allem als Freund Gustav Mahlers in dessen Hamburger Jahren sowie als Verfasser seiner unter dem Titel “Der Pilger” erschienenen Erinnerungen bekannt. Dabei hat Foerster, der aus einer weit verzweigten böhmischen Musikerfamilie stammte und sich als gebürtiger Prager sowohl in der deutschen wie in der tschechischen Kultur heimisch fühlte, ein umfangreiches musikalisches Œuvre hinterlassen. Dass er als Komponist trotz zahlreicher erfolgreicher Aufführungen zu Lebzeiten so schnell vergessen wurde, hat unmittelbar mit der Charakteristik seines Schaffens zu tun. Er blieb einerseits der Tonsprache der Spätromantik verhaftet, was ihn spätestens nach 1920 ins Abseits stellte. Andererseits war sein Stil trotz einiger Anleihen an slawisches Kolorit viel zu supranational ausgerichtet – immerhin 25 Jahre verbrachte er außerhalb seiner Heimat in Hamburg und Wien –, als dass er als nationales Leitbild hätte dienen können. Dabei nahm er an den musikalischen Tendenzen seiner Zeit, namentlich an der programmatischen Ausrichtung der Orchestermusik, aktiv teil und vermochte durchaus einen eigenen Tonfall auszuprägen.
In den vergangenen Jahren wurden einige seiner Kompositionen durch Neudrucke und Aufnahmen wieder zugänglich gemacht. Dennoch erscheint ein Unternehmen wie das des Osnabrücker Symphonieorchesters, sämtliche Symphonien Foersters einzuspielen, als kein geringes Wagnis. Dies gilt insbesondere für die Frühwerke, die hier vorgelegten, bisher gänzlich unbekannten Symphonien Nr. 1 und 2. Beide Werke sind viersätzig mit der üblichen Folge angelegt: Ecksätze in Sonatensatzform mit langsamem Satz und Scherzo als Binnenglieder. Die 1887/88 entstandene Erste in d-Moll zeigt noch zahlreiche Unsicherheiten, das vorgegebene Schema auszufüllen. Die nur wenig später, 1892/93 niedergeschriebene Zweite in F-Dur stellt dagegen ein bereits ziemlich ausgereiftes Werk dar. Sie ist dem Andenken an Foersters 1890 verstorbener Schwester gewidmet und gibt sich als ausgedehntes Fresko zwischen den Polen Schmerz und Tröstung, wobei insbesondere im Finalsatz ein szenisch-dramatischer Zug ins Spiel kommt, der mehr an Bühnenmusik als an Symphonik denken lässt.
Wenngleich in einzelnen Sätzen beider Kompositionen Vorbilder – wie Dvorák für den dritten Satz der Ersten – nicht zu leugnen sind, gelingt es Bäumer und dem Osnabrücker Symphonieorchester doch, die ganz eigene Charakteristik der Symphonien überzeugend zu vermitteln. Sie bieten eine engagierte Interpretation mit hervorragenden Bläsersoli, die insgesamt eher auf handwerkliche Gediegenheit und Strenge denn auf Effekte abzielt. Transparenz und Klangfarbenreichtum stehen im Mittelpunkt, gelegentlich auf Kosten des Spannungsbogens. Insgesamt eine solide Aufnahme von hohem Repertoirewert, mit der man einen interessanten Zeitgenossen von Janácek, Novák und Suk (wieder)entdecken kann.
Peter Jost

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