d’Indy, Vincent / Camille Saint-Saëns / Ernest Chausson

Symphonie sur un chant montagnard français / Symphony No. 2 / Soir de fête

Rubrik: CDs
Verlag/Label: PentaTone classics PTC 5186 357
erschienen in: das Orchester 01/2012 , Seite 68

Eine Werkauswahl etwas außerhalb des Üblichen oder des Gängigen hat Marek Janowski als künstlerischer Leiter des Orchestre de la Suisse Romande (OSR) für diese CD getroffen mit drei Kompositionen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Frankreich, gleichsam unter Verzicht auf ein populäres Titelstück. Dass Vincent d’Indy ein großer Verehrer Richard Wagners war, klingt in seiner Symphonie sur un chant montagnard français von 1886 nur wenig an. Eher erscheint er in vielen ihrer farbigen Passagen als Vorläufer Claude Debussys. Mehr als nur eine Farbe im Instrumentarium des ungewöhnlichen Werks bringt das Klavier in allen drei Sätzen ein, die beinahe monothematisch um ein Volkslied aus den Cevennen – der Untertitel heißt denn auch „Symphonie Cévenole“ – kreisen, eben den „Gesang eines französischen Bergbewohners“. Der Umfang des von Martin Helmchen brillant gespielten virtuosen Parts macht aus dem Stück beinahe ein Klavierkonzert. Doch fehlt dazu der konsequente Dialog mit dem Orchester sowie die große Solokadenz. So bleibt die Bezeichnung Symphonie schlüssig. Und natürlich ist diese Partitur wie auch die beiden anderen bei dem Genfer Orchester in den besten Händen, das seit Ernest Ansermet, der es 1918 gründete und es rund 50 Jahre lang leitete, sowie ähnlich sicher unter Armin Jordan bis 1997 für seine authentische Gestaltung französischer Musik berühmt ist.
Der 1939 in Warschau geborene, aber in Wuppertal aufgewachsene Marek Janowski, der mich im Live-Eindruck an Wilhelm Furtwängler in alten Filmdokumenten denken ließ, hat sich vor dem Hintergrund einer von deutscher Musik bestimmten Laufbahn ein tiefes Verständnis der französischen Musik erworben. War er doch erst parallel zu einer Verpflichtung am Kölner Gürzenich Chef des Orchestre Philharmonique de Radio France. Heute ist er für das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
und noch bis 2012 (dann folgt ihm Neeve Järvi) für das OSR verantwortlich. Wohl wegen seines polnischen Namens befleißigt man sich oft, Marek Janowski ausdrücklich als „deutschen Dirigenten“ einzuführen. Nun, von daher ist er eigentlich für die Symphony No. 2 von 1859 des an Haydn, Beethoven und Mendelssohn orientierten französischen Klassizisten
Camille Saint-Saëns der ideale Interpret. Anders als bei der vor allem lyrisch fließenden Musik d’Indys ist hier markante, um nicht zu sagen kantige Thematik geboten. Diese wird trefflich und ausdrucksvoll herausgearbeitet, wobei die relative Knappheit der Sinfonie mit rund 23 Minuten Spieldauer für besondere Lebendigkeit sorgt.
In seiner sinfonischen Dichtung Soir de fête op. 32 von 1893 bietet Ernest Chausson berückende Orchesterszenarien , die – etwas weniger elegisch, ja deutlich heiterer – an das Poème de l’amour et de la mer op. 19 denken lassen. Chaussons abwechslungsreiche Programmmusik bildet einen wunderbaren Abschluss für diesen musikalischen Ausflug ins spätromantische Frankreich.
Günter Buhles

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