Amy Beach

Symphonie „Gaelic“ in e-Moll op. 32/Maria Stuart/Jephthah’s Daughter/Extase/Bal masqué

Camille Schnoor (Sopran), Angela Brower (Mezzosopran), Münchner Symphoniker, Ltg. Joseph Bastian

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Solo Musica
erschienen in: das Orchester 10/2025 , Seite 76

Wie so vieles „Männerdominierte“ ist auch die bisherige Musikgeschichte einseitig, somit ungerecht – bis hin zu Aufführungspraxis und Konzertplanung. Erfreulich also: Amy Beach (1867–1944) neu eingespielt. Ein bisschen Lexikonlektüre lohnt, etwa der damals sicher mühsame Kampf von kindlicher Hochbegabung gegen neuenglisch gediegene Bürgerlichkeit, dann die breite europäische Anerkennung – „Musik von höchster Qualität nach europäischen Maßstäben“, konstatierte ein Kritiker – im Kontrast die Mühen um generelle künstlerische Gleichberechtigung bis zu ihrem Tod.
Lohnend erst recht das Zuhören bei Dirigent Joseph Bastians Musizieren mit den Münchner Symphonikern. Denn Beachs Gaelic Symphony verdient auch heute einen Programmplatz; in vier reizvoll unterschiedlichen Sätzen verwebt sie keltische Melodik, deren irische, schottische und altenglische Wurzeln in Neuengland erforscht und gepflegt wurden. Das klingt anders als Brahms und steht eigenständig zwischen Mahlers Weltklageton und der Klangopulenz in den Tondichtungen eines Richard Strauss. Da lässt sich stürmisches Meer assoziieren, während in den Mittelsätzen irische Volksweisen adaptiert sind. Die Bostoner Uraufführung 1896 geriet zum Durchbruch: Sie wurde in den bislang rein männlichen Komponistenkreis der „Boston Six“ aufgenommen; über den hochgeschätzten Dvořák mit seiner Neuen Welt hinaus schien da erstmals eigenständige amerikanische Symphonik geschaffen. Spät frei von familiären und ehelichen Bindungen konnte Beach dann vielfältig zwischen Lied und Kirchenmesse komponieren. Mit Hilfe erster US-Sponsorinnen (!) konnte Beach erfolgreiche Tourneen durch Europa und Amerika unternehmen und kämpfte als Präsidentin der American Women Composers bis in die 1930er Jahre für Geschlechtergerechtigkeit in der Musik. Der Weltkrieg führte zu einer Phase der Vergessenheit. Die späte Neu-Phase von „Frauen in der Musik“ mündete in den 1980er Jahren zu Amy Beachs Wiederentdeckung.
Beachs schöpferische Bandbreite belegen auf der CD dann auch die Konzertarien Eilende Wolken nach Schillers Maria Stuart und Jephthah’s Daughter auf einen Mollevaut-Text: Sopranistin Camille Schnoor und Mezzo Angela Brower machen Beachs Sinn für die divergierenden Atmosphären und dramatischen Situationen nuanciert hörbar. Die Victor-Hugo-Vertonung Extase ergänzt die Eindrücke mit einer anderen Emotion. Dazu bildet dann der Klavier-Walzer Bal masqué einen leichtfüßigen Kontrast. All das breitet Dirigent Bastian mit den erfreulich für derartiges „Randrepertoire“ engagierten Münchner Symphonikern mit Sinn für Klangvielfalt aus. Eine Bereicherung.
Wolf-Dieter Peter

 

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