Gál, Hans / Johannes Brahms
Suite op. 6/Zwei Schottische Rhapsodien / Sonate D-Dur op. 78 “Regenlied-Sonate”
Als Komponist war der 1890 in Österreich geborene Hans Gál in praktisch allen Gattungen zu Hause. Zwei Beispiele für seine Kammermusik bietet die jetzt bei Cavalli erschienene Einspielung von Kompositionen für Violoncello und Klavier durch Rebecca Rust und Frederick Blum. Dabei ist mit der Suite op. 6 für Violoncello und Klavier von 1919 ein relativ frühes, mit den Zwei Schottischen Rhapsodien von 1960 ein eher spätes und hier sogar erstmals eingespieltes Werk Gáls auf der CD vertreten.
Die Künstler Rust und Blum zeichnen sich durch ihr exaktes und differenziertes Zusammenspiel aus. Dies zeigt sich bereits im Präludium der Suite, das vom Cello mit weit ausgreifenden, fast klagenden Gesten begonnen wird, während das Klavier diese nur mit sanften Akkorden unterstreicht. Erst im weiteren Verlauf tritt es stärker hervor und gestaltet dann gemeinsam mit dem Cello einen ersten Höhepunkt, bevor ein lebendiger Mittelteil einsetzt, der wieder in den Anfang überleitet. Ebenso ausgefeilt präsentieren die Musiker auch die folgenden Sätze: die lebhaft phrasierte Burleske, die Aria, in der sich das Cello mit einer wunderbaren Kantilene über einem interessanten Klavier-Rhythmus entfalten darf, und schließlich das Capriccio, ein Sonatenrondo, dessen einmal lebhafte, dann wieder getragene Teile die Künstler klar voneinander absetzen. Schade nur, dass das Spiel der Cellistin die eine oder andere Unreinheit aufweist.
Als Musikwissenschaftler ist Hans Gál wohl vor allem für seine Mitarbeit an der Brahms-Gesamtausgabe bekannt. Folgerichtig befindet sich auf der CD auch ein Werk Brahms, nämlich die ursprünglich für Violine und Klavier komponierte Regenlied-Sonate in D-Dur op. 78. Dabei sticht besonders die Umsetzung des ersten Satzes Vivace ma non troppo, mit seinem wunderschönen und charakteristischen ersten Thema positiv hervor, da die Interpreten es hier in besonderer Weise verstehen, ihre Parts harmonisch miteinander verschmelzen zu lassen.
Gáls Schottische Rhapsodien entstanden in Edinburgh, wohin er während des Nazi-Regimes aufgrund seiner jüdischen Herkunft emigrieren musste. Mit Anklängen an schottische Folklore sollte man bei diesen beiden Sätzen allerdings nicht rechnen. Sie enthalten Parallelen zum früheren Werk, etwa die stets klar erkennbaren Formschemata oder die häufig überraschenden harmonischen Wendungen, die das Ohr angenehm kitzeln. Was der Komponist gegenüber der Suite von 1919 jedoch noch intensiviert zu haben scheint, sind die emotionalen Charaktere der Stücke: Da reicht die Skala vom sehnsüchtigen und dabei aufgeregten Eröffnungsgedanken des Con anima über dessen getragenen Mittelteil bis hin zum richtiggehend wild-aggressiven Schluss des Molto moderato.
Interessant vielleicht noch der Hinweis auf den für die Aufnahme verwendeten Flügel: Mit einem Grotrian-Steinweg von 1914 soll nämlich, wie das Booklet informiert, dem Klangbild des frühen 20. Jahrhunderts entsprochen werden.
Julia Hartel