Schubert, Manfred

Suite für Orchester/Cantilena e Capriccio/Konzert für Klarinette und Orchester/Misericordia ejus

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Hastedt HAT 5323
erschienen in: das Orchester 12/2004 , Seite 91

Ungewöhnlich wirkt sie, die neue CD des Labels Hastedt, die verschiedene Facetten des Schaffens von Manfred Schubert innerhalb von 30 Jahren präsentiert. Bereits die äußere Gestaltung – zwei Fotos des Komponisten in der Wüste – thematisiert die Ideen eines Tonkünstlers, der die Wüste als „einen Ort großer Symbolträchtigkeit“ versteht, „ein Ort der Sammlung und des Überdenkens […], ein Ort existentieller Gefährdung und überdeutlicher Konfrontation mit den Gewalten, denen der Natur wie denen der Gesellschaft“. Ein Interview des Komponisten sowie zwei Gedichte aus den Lyrik-Zyklen von Manfred Schubert, die im Begleitheft zu lesen sind, führen taktvoll und ungezwungen in die Atmosphäre eines anspruchsvollen Werks.
Die Suite für Orchester (1966), mit großem Einsatz vom Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig unter der Leitung von Günther Herbig gespielt, weist sowohl feste Bindungen zu klassischen Traditionen als auch die Keime des individuellen Stils auf. Hinter der Fassade eines einfachen Auftrags, ein Stück für Schul- und Jugendkonzerte zu schreiben, zeigt sich die Tendenz, bekannte Modelle spielerisch zu interpretieren; in deren „gelassener Heiterkeit“ sieht der Komponist „ein Elixier gegen die Probleme des Lebens, gegen die Gefährdungen der ,Wüste‘“. Die langsamen Intermezzi sind mit einem feinen Gespür für Klangfarben gekennzeichnet.
Eine programmatische Neigung zur Virtuosität demonstrieren zwei Auftragswerke der Komischen Oper Berlin: das Konzert für Klarinette und Orchester (1971) und Cantilena e Capriccio (1974) für Violine und Orchester. Diese Stücke manifestieren die Überzeugung des Komponisten: „Konzerte müssen den glänzenden Virtuosen herausfordern und ihm ein wie auch immer geartetes farbig-finessenreiches Feuerwerk bieten.“ Das Klarinettenkonzert repräsentiert einen stilistischen Umbruch im Schaffen Manfred Schuberts. Hier verbindet er mit „dramaturgisch gezieltem Einsatz die neueren Satztechniken und die Gegenüberstellung improvisatorisch freier und exakt ausnotierter Teile, auch serieller Abschnitte“. Wild, farbig reich und erfinderisch, beinahe gewaltig wirkt die Partitur des Werks, die das Auditorium sowohl mit experimentellen Verfahren als auch mit ironischem Spiel mit Modellen konfrontiert und den Höhepunkt in der Samba des Finales erreicht. Das Stück wird brillant von Oskar Michallik und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig unter der Leitung von Herbert Kegel gespielt.
Eine deutliche Dominanz des Soloparts innerhalb des kontrastreichen Orchestersatzes kennzeichnet auch Cantilena e Capriccio. Mit großem Elan löst Manfred Scherzer nicht nur rein geigerische, sondern auch theatralische Aufgaben; besonders effektvoll erscheint der Kadenz-Teil, dessen szenische Ironie auch auf einer CD ohne visuelle Seite nicht verloren geht. In einem distanzierten Spiel zu Tradition und Folklore findet der Solist eine große Unterstützung durch das von Joachim Willert geleitete Orchester der Komischen Oper Berlin.
Misericordia ejus (1996), Antifon für zwei gemischte Chöre a cappella, ist programmatisch für Manfred Schuberts Verständnis der sakralen Musik. Zahlreiche Vokalfarben dieser Textbetonung dienen einer präzisen dramaturgischen Aufgabe und symbolisieren die Hauptgedanken der Komposition: Gottesfurcht und Gottes Barmherzigkeit. Mit großer Überzeugungskraft wird das Stück vom ars nova ensemble Berlin unter der Leitung von Peter Schwarz interpretiert.
Marina Lobanova

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