Watkins, Huw

Suite for Harp

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, London 2006
erschienen in: das Orchester 10/2007 , Seite 80

Huw Watkins – „ein Komponist, der mit Musik sagt, was man mit Musik sagen kann. Seine Ökonomie der Mittel und Klarheit der musikalischen Faktur erzeugt eine rhythmische Leichtigkeit wie die eines Strawinsky und zeigt gleichermaßen Eindringlichkeit wie Schönheit“, so der Auszug aus einem Artikel von Paul Driver in The Sunday Times. Genau das trifft auch auf seine Suite für Harfe solo zu. Mit den vier Sätzen March, Toccata, Lullaby und Gigue wählte Watkins eine nahezu klassische Kompositionsform, verzichtet auf jegliche Art von Effekten und lässt eben „die Musik sprechen“.
Huw Watkins wurde 1976 in South Wales geboren. Er studierte bei Peter Lawson und Peter Pettinger Klavier und Komposition bei Robin Holloway, Alexander Goehr und Julian Anderson. Heute ist er Professor für Komposition am College of Music in London. Watkins ist ein gleichermaßen gefragter Komponist wie Pianist. Die Zeitung Independent on Sunday beschrieb ihn einmal als „blitzgescheiten Pianisten und Komponisten mit echten musikalischen Aussagen“.
Viele Kompositionsaufträge zeugen von Watkins’ Popularität. So vergab u.a. das Presteigne Festival of Music and the Arts den Auftrag für die Suite for Harp an ihn. Die Uraufführung spielte Sally Price am 28. August 2006 in der St. Andrew’s Church, Presteigne.
Im ersten Satz „March“ lässt Watkins den Typus eines Marsches voll zur Geltung kommen, doch zuweilen gerät der „Marschläufer“ in den 5/8- und 7/8-Takten leicht ins Humpeln. Die Toccata (zweiter Satz) ist ein sehr virtuoses Stück, äußerst schnell im Tempo und in fast durchgehenden Sechzehnteln zu spielen. Erholen kann man sich im dritten Satz „Lullaby“ (Wiegenlied). Eine kleine musikalische Kostbarkeit tut sich auf, von Zartheit geprägt. Watkins setzt wenig Akkorde ein, lässt vielmehr einzelne Töne in bester Harfenklanglage erklingen. Der vierte Satz „Gigue“ ist sehr lustig und jazzig im Charakter. Zuweilen wird man auch hier wie im ersten Satz durch nicht typusmäßige Taktwechsel aus der rhythmischen Bahn geworfen. Der ausgedehnt angelegte Schluss dünnt sich quasi kompositorisch aus, gestützt durch den Orgelpunktton cis im Bass.
Diese Suite stellt eine Bereicherung der modernen Harfenliteratur dar. Sie ist musikalisch sehr einfallsreich, unkompliziert, dazu technisch anspruchsvoll. Hingegen stelle ich erhebliche Mängel im Notendruck fest: zu kleine Notenköpfe, kaum erkennbare Achtelpausen sowie Flageolettzeichen oder Unregelmäßigkeiten bei aufzulösenden Noten – mal erscheint der Hinweis im Druck und sehr oft wieder nicht. Weiterhin fehlt die Grafik der Anfangspedaleinstellung vor jedem Satz. Das ist jedoch Standard bei Harfennoten – für mich alles in allem keine korrekte Ausgabe. Die reizende Musik dieser Suite versöhnt mich aber, und ich kann nur wünschen, dass sie viel gespielt wird.
Marion Hofmann