Blanc, Adolphe
Streichquintette Nr. 3, 4, 7
In der Quintettmusik mit Kontrabass ragen zwei große Werke heraus: Schuberts Forellenquintett und Dvoráks Streichquintett op. 77. Dass es darüber hinaus weit mehr Werke in dieser Besetzung gibt, ist wenig bekannt. Einige hat der Franzose Adolphe Blanc (1828-1885) komponiert, drei davon hat das Hamburger Fabergé-Quintett ausgegraben und zum ersten Mal auf CD eingespielt.
Nur Insider wissen von Adolphe Blanc. Er war Geiger, Bratschist, Dirigent und Komponist. Dass man seine kaum bekannte Musik zuweilen als gehobene Salonmusik abtat, ist ungerecht. Es mag daher kommen, dass Blanc unzählige Bearbeitungen von beliebten Opernmelodien von Rossini und anderen schrieb: Es existieren 39 Bände! Doch seine Kammermusik kann sich hören lassen. Blanc komponierte Streich- und Klaviertrios, Quartette, Quintette oder ein Septett für Bläser, Streicher und Klavier. Und immerhin: Blanc wurde 1862 mit dem Prix Chartier der Académie des Beaux-Arts ausgezeichnet. Seinen Stil kann man als klassisch oder frühromantisch einordnen. Wenn man so will, ist Blanc ein Anachronist. Die Quintette entstanden in den 1850er Jahren, als Wagner bereits seinen Lohengrin geschrieben hatte und schon an den Tristan dachte. Gleich das erste Quintett dieser CD (Nr. 3 D-Dur) zeigt, das Adolphe Blancs sein kompositorisches Handwerk meisterhaft versteht. Er vermag einprägsame Melodien zu erfinden, rhythmische Energie zu erzeugen, spannende kontrapunktische Dialoge zwischen den verschiedenen Stimmen anzuzetteln. Sicher reichen Blancs Quintette nicht an Werke von Schubert oder Mozart in dieser Besetzung heran. Aber alle drei Streichquintette dieser CD sind mit viel Rafinesse und Charme komponiert, sodass man sie sich gern öfter anhört und das spricht für Qualität. Das Andante des Quintetts Nr. 7 in E-Dur zum Beispiel hat Ausdruckstiefe und dramatischen Gehalt. Und das darauf folgende Scherzo Tarantelle fegt dahin wie Wirbelwind, man denkt an Werke von Mendelssohn. Das Fabergé-Quintett überzeugt nicht nur durch brillantes und punktgenaues Zusammenspiel, es hat auch eine musikantische Lust, die ansteckend ist. Die Werke scheinen spielerisch leicht zu sein, doch der Schein trügt. Manch virtuose Passage, manch simple Grundierung auf einem Kontrabass etwa gut zum Klingen zu bringen, ist anspruchsvoller, als selbst manche Streicherkollegen vermuten würden. Dass das Fabergé- Quintett die Quintette überhaupt eingespielt hat, ist seinem Kontrabassisten Peter Schmidt zu verdanken. Er und die anderen Mitglieder der Formation spielen im NDR Sinfonieorchester Hamburg.
Der belgische Musikkritiker und Komponist François-Joseph Fétis, der eines der ersten biografischen Lexika herausgab, schätzte übrigens seinen Zeitgenossen Adolphe Blanc und attestierte ihm Ernsthaftigkeit in Zeiten seichter Musik. Dem Hamburger Fabergé-Quintett, das sich nach dem russischen Juwelier Fabergé nennt, muss man danken, dass es mit diesen Streichquintetten interessante musikalische Perlen wieder ans Licht gebracht hat.
Elisabeth Richter